Gehörst du auch zu diesen Menschen, die auf Fotos irgendwie etwas... schräg aussehen? Dann ist dieser Artikel genau für dich!
Gesichtsakrobatik für Unfotogene
Es gibt eine Zeit meines Lebens, da muss ich manchmal schon arg vor Lachen prusten, wenn ich Fotos davon sehe. Ich habe auf allen Bildern den gleichen Ausdruck oder viel mehr: die gleiche Grimasse. Grund dafür war meine Nase. Die Wurzel allen Übels, wie ich das meine komplette Teenagezeit lang geglaubt habe. Das Ungetüm, das mich auf allen Fotos entstellt und mich einen Platz bei den beliebten Kids gekostet hat, zumindest dachte ich das. Die hatten nämlich alle süße Stupsnäschen. Und ich halt nicht. Was ich aber nicht so ganz wahrhaben wollte und deswegen eine ganz eigene Methode entwickelt habe, auf Fotos den Anschein zu erwecken, dass ich eben schon eine hätte - ich habe eine Schnute nach links oder rechts gezogen (immer entgegen die Richtung des Fotoapparates) und meinen Kopf leicht schräg gehalten. Auf die Weise hatte ich nicht nur einerseits einen markanten Wangenknochen, andererseits ein prägnantes Grinsebäckchen, sondern eben auch eine Stupsnase. Jep, und genauso posiere ich auf allen Bildern zwischen 2006 und 2012.Dann ist etwas passiert.
Beziehungsweise sind zwei Dinge passiert: #01: Ich hab mir einfach ein noch negativeres Body Image in den Kopf gesetzt. Also bin ich weg von der Traumidee, eine zierliche Nase im Gesicht zu haben und stelle mich jetzt immer mit ziemlich langer, oben schmaler, unten breiter und irgendwie auch etwas schiefer Nase mit arg großen Nasenlöchern vor. Mit diesem Bild im Kopf sieht so ziemlich jedes Foto besser aus als die Erwartung. Zudem sieht auf Fotos kaum etwas cooler aus als tiefenentspannende Resignation, dass man halt einfach nicht dem absurden Schönheitsideal unserer illusionierten Gesellschaft entspricht.Dann wäre da noch #02. Ich habe mir tatsächlich irgendwann einfach mal ein paar Tricks angelesen, auf Fotos nicht ganz so beschissen auszusehen und mir ein paar Moves angewöhnt.
Doch bevor ich dir diese Tipps und Tricks verrate, will ich aber noch auf eine Sache eingehen:
Warum sehen wir auf Fotos überhaupt so merkwürdig aus?
Oder viel mehr: Warum denken wir, dass wir auf Fotos so merkwürdig aussehen?
Wenn du kein*e Vampir*in bist, siehst du dich am Tag immerhin einige dutzende Male - in Spiegeln, Fensterscheiben, auf sonstigen reflektierenden Oberflächen oder sogar in der Selfie-Kamera. Dann macht irgendjemand anderes ein Foto von dir und ZACK siehst du irgendwie scheiße aus. Zumindest deiner Meinung nach. Denn das, was du siehst, ist ziemlich ungewohnt. Eben weil du dich in der Regel nur aus Spiegeln, Fensterscheiben, sonstigen reflektierenden Oberflächen oder eben der Selfie-Kamera kennst, die in den meisten Fällen genauso nur eine gespiegelte Version von der zeigt und nicht die tatsächliche, die alle anderen von dir immer sehen. Deswegen sagen die dann auch Sachen wie: "Ach Quatsch, du siehst aus diesem Foto total normal aus, keine Ahnung, was du hast!"Das Stichwort lautet: Mere Exposure-Effekt
Ein Effekt, den Robert Zajonc 1968 erstmals beschrieben hat. Auf Fotos bezogen bedeutet das, dass das was wir häufiger sehen, uns sympathischer ist - also unser Spiegelbild. Sehen wir ein für unsere Wahrnehmung spiegelverkehrtes Bild, wirkt das also erstmal irgendwie schräg und damit nicht ganz so schön.Du bist fokussierter auf deine Macken
Wenn du dich auf einem Foto betrachtest, springt dein Blick ziemlich wahrscheinlich von deinen gekürten Macken zu Macke. Wenn andere unsere Fotos betrachten, sehen sie eher das Gesamtbild und können gegebenenfalls nicht mal ausmachen, wie genau du denn da jetzt scheiße aussehen sollst.So aber nun das, auf was wir alle gewartet haben: Tipps!
Was helfen kann, auf Fotos besser auszusehen
- Generell: Üben! Was zwei Wirkungen erzielt. Einmal um besagten Mere Exposure-Effekt entgegenzuwirken, musst du dich an dein Foto-Ich gewöhnen und einfach sau viele Fotos von dir machen - aber eben nicht mit der Selfie-Kamera, die dich gegebenenfalls auch spiegelt. Zum anderen kannst du deine Posen und Mimiken genauer unter die Lupe nehmen und von Schuss zu Schuss anpassen
- Such dir Vorbilder: Schau dir einfach massenhaft Fotos von Menschen an und schau, welche Ausdrücke, Posen dir besonders gefallen und schau dir ein paar davon ab - dabei bekommst du zum Beispiel auch ein paar Ideen, was zur Hölle du mit deinen Armen machen sollst (mein Posing-Repertoire ist mehr oder weniger 1:1 aus dem Musikvideo zu Madonnas "Vogue" geklaut)
- Mir hilft es, vor Fotos laut, wirklich ganz laut "Kampfkoloss" zu rufen und dabei eine Power Pose einzunehmen (Armmuskeln anspannen und in die Knie gehen) - macht irgendwie was mit dem Mindset, ist aber auch so affig, dass man meistens lachen muss und dadurch etwas lockerer wird
- Gesichtsakrobatik: Kussmund, Duckface, Schnabel, Grinsebacken so hoch wie möglich ziehen, Augen auf/zu machen, mit den Lippen blubbern - einfach alles, was dir einfällt, denn auch das entspannt im Anschluss dein Gesicht, dass du nicht arg verkrampft aussiehst
- Lächeln? Muss nicht sein. Der Ehrlichkeit halber sollte ich dazu nur sagen, dass das tatsächlich mehr oder weniger in all diesen "Wie du auf Fotos besser aussiehst"-Guides drin steht, dass ein Lächeln jedes Foto besser macht. Aber nochmal der Ehrlichkeit halber: Der Meinung bin ich nicht. Im Gegenteil! Ich versuche, meine Freude runterzuschlucken und innerlich erquickt zu sein, das aber höchstens über die Augen sichtbar sein zu lassen und den Mund lieber entspannt oder dezent schmunzelnd zu halten. Zumindest, was das kontrollierte Posen angeht - wenn man in freier Wildbahn zum Beispiel mit Freund*innen zusammen fotografiert wird, ist ein ehrlich empfundenes (!) Lächeln das beste
- Kopf und Körper leicht drehen, dass du dezent im Profil fotografiert wirst. Professionelle Fotograf*innen empfehlen immer mal wieder, einen 45-Grad-Winkel einzunehmen, das mache die Pose dynamischer
- Schultern zurück und Brust vor - das wirkt selbstbewusst und kraftvoll auf Fotos
- Im Sitzen: Füße aufstellen!
- Im Stehen: Beine und Füße nicht aneinander pressen, sondern eher Füße hüftbreit positionieren und / oder leicht voreinander. Hauptsache nicht angespannt und lieber entspannter
- Achte auf das Licht. Nie gegen das Licht fotografieren! Gut ist eine große Lichtquelle (am besten die Sonne beziehungsweise Tageslicht) von vorne, interessant ist eine von der Seite, optimal wäre eine große von vorne und eine kleinere von der Seite
- Generell ein Tipp fürs Leben: Zieh Klamotten an, in denen du dich wohl fühlst - Zeug, an dem du nicht dauernd rumzupfen musst.
- Der letzte Punkt ist der schwierigste: Bestehende Schönheitsideale hinterfragen und am besten zerschmettern. Da kann ich aber nicht mehr zu sagen, weil ich selbst immer noch daran scheitere und mich mit bis zur Unkenntlichkeit retuschierten Models vergleiche. Wenn du also ein Plan hast - her damit, ich bin dabei!
Ehrlich gesagt?
Richtig leiden kann ich mein Foto-Ich trotz all der Tipps und Tricks ach noch nicht und ich finde es immer noch sehr unentspannt, vor Kameras zu posieren. Es wurde aber tatsächlich besser, nachdem ich noch mehr damit konfrontiert wurde, denn einerseits gewöhnst du dich eben irgendwann an dein Foto-Ich, andererseits entwickelst du einfach automatische Posing-Reflexe, die mehr oder weniger zuverlässig gut aussehen.Mein neuester Trick ist zum Beispiel nach der Nasenverkrümmung einfach arg böse zu schauen, direkt in die Seele des*der Fotografierenden und damit auch des*der Betrachterin, und dabei ganz leicht zu schmunzeln. Da traue nicht mal ich selbst mich, was Negatives über mich zu denken. Wie ich wohl in zehn Jahren reagiere, wenn ich Fotos von heute anschaue...?
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