Claus-Peter Reisch ist Kapitän der Lifeline und brachte zahlreiche Flüchtlinge aus dem Mittelmeer in europäische Häfen - wofür er eine saftige Geldstrafe bekommen hat. Mit Moderatorin Elise hat er über die Pflicht der Menschenrettung gesprochen.
Strafe für Humanität
Im Juni 2018 rettete Claus-Peter aus zwei seeuntüchtigen Schlauchbooten insgesamt 253 Flüchtlinge aus dem Mittelmeer - und bekam dafür eine Strafe von rund 10.000 Euro. Eine Rettung, die für ihn selbstverständlich war und die er genauso auch wieder machen würde."Es redet auch keiner darüber, dass die Wasserwacht jemanden aus dem Wasser holt, der aus dem Nichtschwimmerbereich rausgepaddelt und von seiner Luftmatratze gestürzt ist. Denn Menschenleben geht immer vor Gesetzen, da gibt es gar keine Frage!"Claus-Peter Reisch und seiner Lifeline-Crew wird vorgeworfen, ihr Rettungsschiff nicht ordentlich registriert und Anweisungen nicht befolgt zu haben, dabei ist die Wahl des Hafens keine freie Wahl des Kapitäns. Eine Rückführung nach Libyen gehe gegen die Genfer Flüchtlingskonvention, außerdem verbiete die Seerechtskonvention Saftey of Life at Sea (SOLAS) die Verbringung in einem Hafen, der nicht sicher ist, erklärt er. Welcher Hafen sicher ist, bestimme eine Rettungsleitstelle, in diesem Fall das MRCC (Maritime Rescue Coordination Centre) in Rom.
Dem Lifeline-Kapitän und seine Crew gehen aktuell gegen das Gerichtsurteil vor und dank einer Spendenaktion von Jan Böhmermann, bei der circa 200.000 Euro gesammelt wurden, konnten die Anwaltskosten schon gedeckt werden. Er ist dabei sehr dankbar, dass die Zivilgesellschaft hinter den Seenotrettern steht und sie in dieser Situation nicht allein lässt.
Immerhin retten sie freiwillig und unentgeltlich - und wie man sieht, geht man ein hohes Risiko ein.
Die Menschen, die Claus-Peter in sein Schiff geholt hat, kamen aus vielen verschiedenen Ländern, wie Somalia, Eritrea, dem Sudan, dem Senegal, Sierra Leone oder Togo. Mangelernährung und Missbrauch ist ein Schicksal, was dort jedem zuteil wird. Alle Menschen waren lange Zeit davor in libyschen Foltercamps. Der Lifeline-Kapitän erzählt im Interview von den schockierenden Eindrücken als Seenotretter, wie beispielsweise dass er unter den Geretteten erwachsene Männer vorfand, die nur noch circa 45 Kilo wogen und Frauen, die im Heimatland zur Prostitution gezwungen wurden.
Carola hat für ihn alles richtig gemacht
Auch die Sea Watch 3-Kapitänin Carola Rackete steht diese Woche vor Gericht, weil sie in den Hafen von Lampedusa eingefahren ist und dadurch Menschen vor dem Ertrinken gerettet hat. Die Vorwürfe der Schlepperei sind für Claus-Peter absurd, zumal es nicht einmal einen Paragraphen dafür gibt. Sie hat Menschen aus Seenot gerettet und nach geltenden Gesetzen der Seefahrt gehandelt. Dass Carola auch einen libyschen Hafen anfahren hätte können, sei völliger Unfug."Eine Rückführung nach Libyen geht gegen die Genfer Flüchtlingskonvention. Außerdem verbietet die Seerechtskonvention SOLAS einen Hafen, der nicht sicher ist. Und auch das müssen sich die Menschen mal merken, das kann man überall nachlesen: Den Hafen weist die Rettungsstelle zu, in dem Fall das Maritime Rescue Coordination Center in Rom, die Wahl des Hafens ist keine freie Wahl des Kapitäns."Jeder, der ein Befürworter solcher Verurteilungen oder der Geldstrafe von Claus-Peter ist, solle einfach selbst auf so einem Schiff mitfahren und sich seine eigene Meinung bilden. Er würde sie jedoch sofort ändern.
Für Claus-Peter ist klar:
Es müssen die Fluchtursachen bekämpft werden, denn solange das Problem nicht bei der Wurzel gepackt wird, braucht man sich nicht über die Symptome und den Auswirkungen auf dem Mittelmeer unterhalten.
Hier gibt's nochmal das ganze Interview mit dem Lifeline-Kapitän Claus-Peter Reisch zum Nachhören:
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