Seit Corona arbeiten viele von uns im Homeoffice - und das jetzt schon ein paar Monate. Eine Studie hat ausgerechnet, wieviel CO2 wir durch das Arbeiten von zuhause einsparen können.
Sven Hille arbeitet beim Institut für angewandte Arbeitswissenschaft. Zusammen mit anderen Autor*innen hat er das "Gutachten zur Mobilen Arbeit" durchgeführt - die Studie wurde 2019 von der FDP in Auftrag gegeben.
Dabei kam heraus, dass unser CO2 Fußabdruck enorm verringert werden könnte, wenn mehr Menschen im Homeoffice arbeiten. Überraschung? Ne, aber wieviel nur ein Tag Homeoffice im Jahr (!) ausmachen können, das hat uns dann doch erstaunt:
Sven Hille vom Institut für angewandte Arbeitswissenschaften
Das komplette Interview zum Nachhören
Ergebnis der Studie
Nach den Angaben des Statistischen Bundesamts haben wir derzeit 44,6 Millionen Erwerbstätige in Deutschland. Die Zahl der Leute, die täglich zur Arbeit in eine andere Gemeinde pendeln, beläuft sich auf 19,3 Millionen Menschen. Und die legen dorthin im Schnitt 17 Kilometer am Tag zurück.
"Und wenn wir dann mal aufrechnen würden, dass diese 19,3 Millionen an nur 200 Arbeitstagen unterwegs sind, dann haben wir eine Zahl von 131 Milliarden Kilometer, die da zurückgelegt werden, mit einem CO2-Ausstoß von fast 19,2 Millionen Tonnen. Wenn alle Berufspendler einen Tag in der Woche Homeoffice machen würden, wären das 3,8 Millionen Tonnen CO2 Einsparung im Jahr."
Und wenn alle 44,6 Millionen Arbeitenden nur einen Tag im Jahr (!) von zuhause arbeiten würden, hätten wir bereits ein Einsparungspotenzial von 853.000 Tonnen CO2.
Der Grund? (Viel zu) viele fahren mit dem Auto zur Arbeit
"Wenn wir es deutschlandweit betrachten, fahren etwa nur 14 Prozent der Erwerbstätigen mit öffentlichen Verkehrsmitteln. Das ist ein Wert, den es aus unserer Sicht natürlich auch zu verbessern gilt."
In den Großstädten wie München oder Berlin gebe es natürlich ein gutes Netz für den ÖPNV. Doch in ländlichen Gegenden sei man oft gezwungen mit dem Auto zu fahren, um zur Arbeit zu kommen.
"Der Ausbau des öffentlichen Nah- und Fernverkehrs ist aus meiner Sicht ein zentrales Thema, um den Privatverkehr von der Straße zu bringen."
Die Auswirkungen von Corona
Mit dem Beginn der Corona-Pandemie arbeiteten auch in Deutschland auf einen Schlag sehr viele Menschen im Homeoffice. Das hat sehr positive Auswirkungen auf unseren CO2-Fußabdruck:
"Wir haben tatsächlich in der ersten Aprilwoche in diesem Jahr weltweit einen Rückgang von 17 Prozent der Treibhausgase gehabt, in Deutschland dann sogar von 26 Prozent. Und für den Verkehr galt sogar der Rückgang von 52 Prozent der Treibhausemissionen."
Noch mehr Vorteile am Homeoffice
Die niedrigere Umweltbelastung und das enorme Einsparungspotenzial sind eigentlich schon Grund genug, vom Homeoffice überzeugt zu sein und auch in Zukunft zumindest darüber nachzudenken, mehr Homeoffice zu nutzen - beziehungsweise von Arbeitgeberseite zu erlauben. Sven Hille findet, dass es neben dem Umweltaspekt viele weitere Vorteile gibt, wenn man von zuhause aus arbeitet:
"Neben dem ganzen Reisestress und der Zeitersparnis, die wir natürlich haben, ist heutzutage die mobile Arbeit ein klares Element der Arbeitgeberattraktivität."
Das System des Homeoffice folgt also einem gesellschaftlichen Trend. Für manche Aufgaben ist das Homeoffice sogar der bessere Arbeitsplatz als der Arbeitsplatz im Büro:
"Je nach Arbeitsaufgabe [...] ist auch mal konzentriertes Arbeiten möglich, weil es ja kaum Unterbrechungen gibt, die wir sonst im Büro ja regelmäßig vorfinden. Die digitalen Technologien vermindern Dienstreisen, was natürlich einen großen Zeiteffekt hat, wenn man etwas erarbeiten will. [...] Und besonders wichtig ist ja heute auch die bessere Vereinbarkeit zwischen Beruf und Privatleben."
Nachteile am Homeoffice
Aber klar, das Arbeiten von zuhause aus ist nicht nur toll und auch nicht für jede*n geeignet. Deswegen muss man auch ehrlich zu sich selbst sein und mit dem Arbeitgeber genau abstimmen, ob Homeoffice in bestimmten Situationen oder Jobs auch sinnvoll ist.
"Ein Effekt, den wir natürlich auch festgestellt haben, ist, dass nicht alle Beschäftigten für die Arbeit im Homeoffice gleichmäßig geeignet sind. Es gibt also die, die sich selber sehr gut organisieren können und zielgerichtet abreiten können und es gibt eben auch welche, die das nicht so gut können und für die das dann natürlich auch besonders schwierig ist, ihre Arbeitsaufgaben zu erfüllen."
Und manchmal gibt es daheim auch keinen geeigneten Arbeitsplatz.
"Wir kennen ja auch Fälle, wo Beschäftigte vom Küchentisch aus arbeiten oder auf dem Camping-Stuhl im Schlafzimmer sitzen. Also das haben wir alles schon gesehen, das ist natürlich ein Problem, wo natürlich dann auch aufgrund der Umgebung zuhause dauerhafte Homeoffice-Arbeit da eigentlich nicht richtig ist."
Womöglich nur den ganzen Tag mit dem Laptop auf den Knien auf der Couch zu hängen, dankt dir im Zweifel weder dein Rücken noch deine Team-Kolleg*innen. Und vielleicht möchtest du die ja auch mal wieder sehen. Irgendwann.
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