'Die Simpsons' ist wahrscheinlich eine der abgekultetsten Kultserie: Seit 1989 läuft die Show in den USA, seit 1991 in Deutschland, damals noch im ZDF. Das sind immerhin 30 Jahre.
Progressivität schützt nicht vor Rassismus
Die Simpsons gelten irgendwie als progressiv und edgy, ähnlich wie die beiden verwandten Serien der Macher*innen um Matt Groening - Futurama und Disentchantment. Die Simpsons sind vielleicht der Ursprung des Medienselbtsreferenz-Trends in der Cartoonwelt und attackieren zum Beispiel immer wieder ihren eigenen Sender Fox, die auch gerne mal Alt-Right Agitator*innen eine Bühne bieten. Und auch sonst ist die Show eher einem linken Spektrum zuzuordnen. Das schützt die Macher*innen aber natürlich nicht vor Rassismus oder Sexismus. Denn wenn wir eins durch den Antirassismus und Feminismus der letzten Jahre gelernt haben, dann, dass eben auch linke Dudes nicht frei sind von dergleichen. Oft sogar im Gegenteil.Stichwort "Satire" (lookin at you, Jan Böhmermann.) Satire ist die letzte Bastion des linken oft weißen cis-Mannes gegen die Kritik. Und ja, Witze über solche Themen können sehr lustig und auch durchaus empowernd oder antirassistisch sein. Aber lediglich, wenn Personen mit Expertise - aka Leute die betroffen sind - diese Witze reißen. Sonst ist es schlichter Rassismus oder Sexismus.
Das Problem mit Apu
Es geht um den Charakter Apu Nahasapeemapetilon. Ein hinduistischer Mann aus Indien, dessen Darstellung in der Serie extrem stereotypisiert ist. Er wird zwangsverheiratet, hat sehr viele Kinder und ist ein bisschen geizig. Dazu kommt der Akzent, der sehr überspitzt ist und noch dazu seit 30 Jahren von einem weißen Amerikaner gesprochen wird. Matt Groening selbst ist laut eines kürzlich erschienenen Interviews mit der USA Today "stolz" auf die Figur und beschreibt sie sogar als mehrdimensionaler als die anderen Figuren. Er selbst sieht auch in der Stimmbesetzung kein Problem. Der Sprecher selbst, Hank Azaria, hingegen schon. Vor Kurzem beschloss er von der Sprecherrolle zurückzutreten. Matt Groening hätte das zwar so nicht entschieden, begrüße aber natürlich "Diversität."Kritik am Charakter Apu gibt es natürlich schon länger. 2017 erschien die Doku The Problem With Apu von Hari Kondabolu, seinerseits selbst Comedian.
Es geht nicht nur um das Wer sondern auch um das Wie
In einem aktuellen Interview mit derTMZ äußert sich Hari Kondabolu zur Neubesetzung der Stimme. Er meint, es sei nach 30 Jahren ein bisschen spät die Stimme zu ändern und vor allem ginge es um mehr als das."It's been 30 years so it seems silly to change it. I think the issue is more "can we make the character more interesting?" like this dude's so onedimensional. So many of his jokes are about him being indian." - Hari KondaboluEs geht vor allem auch um Deutungshoheit und die Macht, einen Charakter zu erzählen. Eine Möglichkeit seien zum Beispiel diversere Schreibteams bei den Simpsons und natürlich auch anderen Cartoonserien oder anderen Medien. Ob nun eine indische Person einen rassistisch geschriebenen Charakter spricht oder eine weiße, sei da relativ egal.
Die Zeit der Simpsons ist aber sowieso bald abgelaufen, wie verschiedene Medien berichten.
Drei Staffeln sollen wohl noch gedreht werden. Danach sei es eher unwahrscheinlich, dass es weiter geht. Matt Groening berichtet auch bereits von Plänen, den Charakter Apu Nahasapeemapetilon mehrdimensionaler zu gestalten. Bleibt nur die Frage offen, wie und wer das umsetzt.
Update: Hank Azaria bittet um Entschuldigung
In Armchair Expert, der Podcastfolge vom 12. April, entschuldigt sich der Sprecher von Apu:"Part of me feels like I need to go around to every single Indian person in this country and personally apologise. [...] I apologize for my part in creating that and participating in that." - Hank Azaria
Außerdem räumt er ein, dass die Simpsons Teil eines strukturellen Rassismusproblems sind und die Unterhaltungsbranche endlich diverser werden muss:
"If it's an Indian character or a Latinx character or a Black character, please let's have that person voice the character. [...] It's more authentic, they'll bring their experience to it, and let's not take jobs away from people who don’'t have enough." - Hank Azaria
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