Diskriminierung von Tieren im Alltag

Diskriminierung von Tieren im Alltag

Dr. Yvonne Würz im Interview

Warum sind Begriffe wie "Nutztier" oder "Milchkuh" problematisch? Fördern wir mit unserer Sprache Tierquälerei? Und was hat das ganze mit Speziesismus zu tun?

Wir Menschen und die Tiere

Darüber hat egoFM Elise mit Dr. Yvonne Würz gesprochen. Sie ist Biologin und arbeitet bei Peta als Expertin für Speziesismus – diesen Begriff müssen wir erst mal definieren. Speziesismus leitet sich aus dem Wort Spezies und dem Suffix -ismus ab und beschreibt im Grunde die Idee, dass sich Menschen anderen Tieren überlegen fühlen und wie in der Überschrift schon angedeutet, von Tieren abgrenzen.
"Und beim Speziesismus geht's eben darum, dass wir Menschen Tiere abwerten aufgrund ihrer Artzugehörigkeit. [...] Und deshalb glauben wir Menschen vermeintlich Tiere für unsere eigenen Zwecke benutzen zu dürfen und ja, systematisch zu missbrauchen." - Dr. Yvonne Würz

Dazu gehört zum Beispiel Tierquälerei, aber auch die speziesistische Diskriminierung zwischen verschiedenen Tierarten. Empfindungsfähige Tiere wie zum Beispiel ein Schwein und ein Hund haben für viele Menschen einen unterschiedlichen Stellenwert zum Beispiel. Beide können verspielt und neugierig sein, beide können soziales Verhalten und Zuneigung zeigen - trotzdem ist für viele von uns das eine ein treuer Begleiter und das andere eine Mahlzeit. Warum der Mensch hier - insbesondere mit der Sprache - unterscheidet, hat uns Yvonne im Interview einmal genauer erklärt:
  • Diskriminierung von Tieren im Alltag
    Dr. Yvonne Würz von Peta im Interview


Mehr dazu, was Speziesismus eigentlich ist und welche Folgen er hat, erfährst du hier. Außerdem hat sich egoFM Anna hier mit dem Thema auch noch einmal ganz persönlich auseinandergesetzt.


Auf ewig in der Schublade gefangen

Der Grund, warum wir einen Unterschied zwischen zum Beispiel Hunden und Schweinen machen, liegt laut Yvonne an der Kategorisierung von Tierarten, die Menschen bereits vor langer Zeit vorgenommen haben. Wir als Menschen legen dabei bereits durch unsere Sprache fest, in welche Schublade ein anderes Tier kommt und unterscheiden schon im Biologieunterricht in "Nutztier" und "Haustier". Kühe werden beispielsweise als Nahrungsmittel oder Textil (Leder) gesehen und Tiger im Zirkus und Ponys auf der Wiesn werden zu unserer Belustigung und Unterhaltung missbraucht. Dieses Denkmuster, dass das Ausnutzen anderer Tiere vermeintlich rechtfertigt, müssen wir bewusst wahrnehmen. Organisationen wie Peta setzen sich beispielsweise dafür ein, diesen Speziesismus zu stoppen. Schließlich wollen auch andere Tiere - genauso wie Menschen - kein Leid erfahren und nicht getötet werden. Um Tierleid zu beenden ist es daher wichtig, dass wir uns diese Jahrtausende alte Denkweise des Speziesismus vor Augen führen und bewusst werden, dass wir eben NICHT über anderen Tieren stehen.

Sprache als Rechtfertigung

Auch Beleidigungen wie "fauler Hund" oder "feiges Huhn", mit der vermeintliche Stereotype reproduziert und als Beleidigung eingesetzt werden, zeigen in der Sprache, wie sehr Speziesismus in unserer Kultur verankert ist. Ähnlich ist es mit der Kategorisierung der Tiere durch den Menschen - andere Tiere sind nicht auf dieser Welt, nur weil wir Menschen ihnen eine bestimmte Eigenschaft oder eine bestimmte "Aufgabe" zugewiesen haben, sagt Yvonne.
"Also ein Beispiel: Statt zu sagen 'Zirkuselefant', wäre das ein Elefant, der im Zirkus zur Schau gestellt wird. Aber der Elefant an sich ist nicht auf der Welt, um den Menschen zu unterhalten."- Dr. Yvonne Würz

Wenn wir uns unseres Sprachgebrauchs bewusst werden, fällt auf, wie tiefgreifend der Speziesismus und die Kategorisierung von anderen Tieren bei uns verankert ist. Arbeitstier, Wildtier, Milchkuh, Legehenne, Jagdhund, Mastschwein, Rennpferd, Versuchstier... Die Liste könnte noch weiter gehen, aber klar wird: Keines der Tiere, die der Mensch in diese Kategorie steckt, existiert aus diesem Grund.

Was gibt dem Menschen das Recht, andere Tiere auf eine einzige Bestimmung zu reduzieren?


Auch an anderen Stellen verwenden wir im Alltag Sprache, die nicht nur Speziesismus weiter fördert, sondern auch ganz gezielt eine emotionale Grenze zum Thema zieht. Abgezogene Tierhaut, abgezogenes Tierfell, geronnenes Tierfett, Bienensekret oder Teile vom Tiermuskel klingt viel brutaler als Leder, Pelz, Käse, Honig oder Steak. Auch sprechen wir beim Töten von Tieren lieber vom Schlachten oder Keulen, wodurch das Ganze sehr nüchtern, abstrakter und weniger emotional aufgeladen klingt. Zusätzlich stellen wir uns allein mit unserer Sprache über andere Tier: Menschen essen und trinken und haben einen Mund - Tiere fressen und saufen und haben eine Schnauze. Auch wenn sich diese ganz alltäglichen Begriffe nicht von heute auf morgen aus unserem Sprachgebrauch streichen lassen, müssen wir uns bewusst werden, wie und warum wir sie verwenden und welche Wirkung das auf uns hat - und welche Auswirkungen auf die Tiere und wie wir mit ihnen umgehen.

Unterstützen Haustiere die Idee des Speziesismus?

Dass Tiere für Menschen als Nahrung, Kleidung, Schuhe, Arbeit oder medizinische Forschung herhalten müssen, sehen viele schon kritisch und setzen sich hier bereits mit dem Thema Speziesismus auseinander, um Tierleid zu verringern. Doch was, wenn es einem Tier rund um gut geht, es verhätschelt und auf Händen getragen wird? Ist es falsch und unterstützt es die Idee des Speziesismus, ein Haustier zu haben?
"Also zunächst einmal würde ich da jetzt auf die Sprache hinweisen, denn auch 'Haustier' ist ja ein Begriff, der einem Tier einen menschengemachten Nutzen zuweist. Und von daher sagen wir bei Peta beispielsweise tierischer Begleiter. Und genau so sollte man auch nicht sagen, dass Tiere einen Besitzer haben, sondern vielleicht eher dann der Halter. Also das Tier ist ja kein Besitztum, kein Objekt." - Dr. Yvonne Würz

Dass Tiere nicht als Objekt und Besitz gesehen werden sollten, beginnt schon bei dem Punkt, in dem du dich entscheidest, ein Haustier bei dir einziehen zu lassen - Tiere sollten adoptiert und aufgenommen werden, nicht gekauft. Außerdem merkt Yvonne an, dass man sich als Halter*in auch einmal ehrlich Fragen sollte, warum man die Katze oder den Hund zu Hause liebt und verwöhnt, bei anderen Tiere, die von Menschen aber nicht als "Haustier" kategorisiert werden, einen Unterschied macht und diese zum Beispiel als Nahrungsquelle nutzt und tötet.



Aktiv gegen Speziesismus

Den ersten Schritt hast du bereits gemacht - du hast dich hier schon einmal mit dem Thema vertraut gemacht. Wenn du direkt etwas gegen Speziesismus tun möchtest, wäre es laut Yvonne der beste Weg, eine vegane Lebensweise in Betracht zu ziehen.
"Vegetarisch ist schon mal ein Schritt in die richtige Richtung, aber letztlich konsequent ist das wirklich nur die vegane Lebensweise. Weil auch Bio-Fleisch kommt von Tieren, die getötet worden und die nicht getötet werden wollten für den menschlichen Konsum. Und genauso auch beim Konsum von Eiern oder Milcherzeugnissen steht immer Tierleid dahinter und von daher appelieren wir an alle Menschen, vegan zu leben."- Dr. Yvonne Würz

Falls du eine vegane Lebensweise mal ausprobieren möchtest, gibt es online auch viele Hilfestellungen wie zum Beispiel den Veganstart von Peta, eine App, in der du viele Informationen zum Thema bekommst.

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