Anlässlich des Weltfrauentags am 8. März stellen wir Frauen vor, die in unterschiedlichen Bereichen in der deutschen Musikszene arbeiten.
Wir leben im Jahr 2019, Frauen sind aber noch immer nicht gleichberechtigt. Egal ob es bei den Line-Ups der großen Festivals oder auch hinter den Kulissen ist: Frauen kommen dabei nur selten vor. Dieses Gefühlt täuscht nicht, sondern ist auch statistisch belegt. 2015 hat der Verband Unabhängiger Musikunternehmen e.V. (VUT) eine Umfrage unter seinen Mitglieder*innen durchgeführt. Das Ergebnis: 5,5 Prozent der Unternehmen werden von gemischten Teams an der Spitze geführt und 7,4 Prozent sind reine Frauenteams oder haben eine Frau an der Spitze.
Im Umkehrschluss bedeutet das also, das an die 90% der Musikfirmen von Männern geleitet werden.
Zum Glück gibt es in der Musikszene aber immer mehr Frauen, die einfach ihr Ding durchziehen. Ein paar von ihnen stellen wir dir hier vor:
Tontechnikerin Isabella Hepp
Isabella Hepp ist eher zufällig in die Musikbranche gekommen. Während ihres Medieninformatik-Studiums war ein Praktikum vorgeschrieben, dass sie ganz spontan bei einem befreundeten Tontechniker machte. Zunächst hat sie viel im Studio gearbeitet, später kam sie dann mehr und mehr auf den Geschmack von Livekonzerten. Als weibliche Tontechnikerin ist sie aber eher eine Ausnahme:"Ich bin seit 14 Jahren in der Branche und habe bis jetzt erst eine weitere Tontechnikerin kennen gelernt." - Isabella HeppIn dieser männerdominierten Welt müsse sie damit klar kommen, dass von ihren Kollegen häufig flacher Humor wie Peniswitze kommen würde. Isabella ist sich ziemlich sicher, dass ihr schon einige Jobs flöten gegangen sind, weil sie eine Frau ist. Dies führt sie aber nicht nur auf ihr Geschlecht zurück - es gebe insgesamt gesehen einfach unglaublich viele Tontechniker*innen, da sei der Preis auch ein großes Problem in dem Business.
Labelmanagerin Tess Rochholz
Auch Tess Rochholz ist durch Zufall zu ihrem jetzigen Job gekommen. Als sie bei einem musikalischen Gewinnspiel mitmachte, wurde sie von einem Fernsehteam gefilmt - die Ausstrahlung im Fernsehen hat einer ihrer heutigen Kollegen gesehen und sie daraufhin gefragt, ob sie nicht ein Praktikum bei seinem Lable machen wolle. Mittlerweile ist Tess Labelmanagerin und damit verantwortlich für die Auswahl der Bands und für die Veröffentlichung von neuen Platten.In ihrem Team arbeiten aktuell drei Frauen und ein Mann.
Die Stellen werden aber nicht nach Gender, sondern nach Qualifikation vergeben. Bei den Bands sieht es da in ihren Augen schon ein wenig anders aus: Es gibt wenig Frauenbands beziehungsweise wenige Frauen in Bands.
"Viele Frauen denken, sie müssten hübsch und sexy sein, um Musik machen zu dürfen" - Tess RochholzZusammen mit dem VUT und der Berlin Music Commission hat sie die Organisation Music Industry Women ins Leben gerufen. Beispielsweise will sie mit einem sechsmonatigen Mentoring-Programm Frauen mit langjähriger Erfahrung in dem Business mit jungen Frauen, die ihre Karriere gerade erst starten, vernetzen.
Musikförderin und Musikerin Juliane Viechtl
Wenn der Bassist die eigene Band so scheiße findet, dass er zwei Tage vor einem Konzert die Band verlässt, ja dann... Dann springt Juliane ein! Innerhalb kürzester Zeit hat sie deshalb versucht, Bass zu lernen. Das klappte so gut, dass sie sie feste Bassistin bei Fertig, Los! wurde. Mittlerweile hat sie ein Soloprojekt. Sie macht aber nicht nur selbst Musik, Juliane ist auch Mitorganisatorin der Maniac Street Parade und arbeitet beim Feierwerk in der Fachstelle Pop und fördert damit die Popkultur in München."Nach wie vor ist es schon so, dass viel weniger Frauen als Männer auf Bühnen sind. Das gilt auch für die gesamte Musikbranche" - Juliane ViechtlSie kann sich vorstellen, dass der höhere Männeranteil daran liegt, dass sich Männer weniger Gedanken über sich selbst machen würden. Statt sich zu fragen, wie sie gerade rüber kommen, würden Männer das Projekt einfach angehen. Sie rät, dass sich Frauen daran ein Beispiel nehmen sollten. In Verwaltung und Organisation der Musikwelt seien Männer in Führungspositionen zwar noch in der Mehrheit, doch das ändere sich gerade. Juliane ist zuversichtlich, dass es schon bald gar keine Rolle mehr spiele, welches Geschlecht ein/e Bewerber*in habe.
Zwischennutzungsorganistorin Julia Sperber
Julia Sperber organisiert kleine Konzerte in Regensburg und ist beim Campus Regensburg e.V. aktiv. Jedes Jahr veranstaltet sie ein eintägiges Festival. Außerdem versucht sie beim con_Temporary e.V. Räume für die kulturelle Zwischennutzung zu finden."Rund 90 Prozent der Auftretenden sind Männer, schätze ich. Das ist aber nicht nur in Regensburg so, sondern das betrifft die ganze Musikszene." - Julia SperberOft fehle es an Verständnis, dass dieses Geschlechterverhältnis problematisch sei. Wenn sie das Thema Gleichberechtigung anspreche, werde oft zunächst abgewunken und mit Worten wie "Ja mei, das ist halt so" abgetan. Allerdings sei es auch für sie beim Campusfest nicht einfach, weibliche Bands zu bekommen - die meisten Bewerbungen kämen von männlichen Bands. Die weiblichen Bands seien zu weit weg, zu teuer oder würden nicht zum Genre passen.
Eine reine Frauenbühne ist für Julia aber nicht die Lösung.
Vielmehr müsse jede*r sich mit diesem Problem bewusst auseinandersetzen. Es sei allerdings ein gesellschaftlicher Prozess, der noch Zeit brauche. Auch mehr weibliche Vorbilder könnten dazu beitragen - so wie sie.
Veranstalterin und Organisatorin Elnaz Amiraslani
Der Schwerpunkt der gelernte Veranstaltungskauffrau ist die Organisation und Durchführung von Konzerten, vor allem im Raum Nürnberg. Besonders wichtig sind ihr dabei die Themen Inklusion und Interkulturalität, aber auch die Netzwerkarbeit für Frauen."Der Anteil von Frauen in der Musik auf der Bühne ist sehr gering. Aber im Bereich des Managements ist das Verhältnis ausgewogen, teilweise gibt es sogar mehr Frauen als Männer. Hier in Nürnberg werden viele Kultureinrichtungen maßgeblich von Frauen organisiert und geleitet." - Elnaz AmiraslaniDabei gebe es keinen Grund, dass Frauen weniger auf der Bühne seien sollte als Männer. Mädchen und Frauen seien an den Instrumenten genauso gut, teilweise sogar besser! Bei der weiteren Fortführung und der Akzeptanz in der Szene hapere es dann aber. Elnaz Amiraslani arbeitet gerne mit Frauen, sie findet die Zusammenarbeit in reinen Frauenteams sogar effektiver und konstruktiver als mit männlichen Kollegen.
Bookerin Anette Loers
In der Kulturszene zu arbeiten war schon immer ihr Traumjob. Mittlerweile ist sie Bookerin im Merlin, einem Kulturzentrum in Stuttgart. Es ist zum einen ein soziokulturelles Zentrum für die Nachbarschaft, Ehrenamtliche und Vereine, gleichzeitig bietet es aber auch Platz für bis zu 200 Personen bei Konzerten oder Lesungen. Für Anette ist Gleichberechtigung kein allzu großes Thema."Aber manchmal ist es halt so, dass es einen Monat fast nur Männer auf der Bühne gibt. Den nächsten Monat dafür fast nur Frauen. Und den Monat drauf ist es dann ausgeglichen. Deshalb haben wir es aufgegeben, ein quotiertes Kulturprogramm zu machen. Wir machen einfach ein gutes Kulturprogramm." - Anette LoersSie hofft, dass das Thema der Gleichberechtigung irgendwann kein Thema mehr ist. Es gebe kein Business besonders für Frauen, noch besonders für Männer.
Zwar sei Musik noch männerdominiert, eine eigene Musikwoche nur für Frauen wolle sie deswegen aber nicht machen.
Männer und Frauen und Trans* und alle Gender gehören dazu - deshalb wolle sie auch nicht nur einen Aspekt betonen.
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