Zwischennutzung an der Dachauer Straße

Zwischennutzung an der Dachauer Straße

Worum es geht und wieso das Projekt umstritten ist

Das ehemaligen Gesundheitszentrum in München soll für fünf Jahre als kulturelle Zwischennutzung dienen. Nicht alle sind damit glücklich.

Endlich gibt es wieder ein großes leerstehendes Haus in einer Großstadt, das für mehrere Jahre, 5 Jahre, kulturell und/oder künstlerisch genutzt werden könnte.

Eigentlich eine gute Sache oder?

In einer schnell wachsenden Metropolregion wie München ist oft kein Platz für Kultur, es fehlt ja schon an allen Ecken und Enden an bezahlbarem Wohnraum. Wertvolle Flächen werden meist schnellstmöglich bebaut und lassen keinen Platz für Kunst und Kultur. Die Zwischennutzung bestehender Gebäude, die auf Umbau oder Abriss warten, ist daher oft eine der wenigen Möglichkeiten für Künstler*innen und Kreative, um den passenden Raum für ihre Projekte zu bekommen. 

Die letzten Projekte, bei denen eine solche Zwischennutzung wunderbar funktioniert hat, ist in München zum Beispiel das Lovelace Hotel - das Ende 2018 geschlossen hat - und der Technoclub MMA in einem ehemaligen Kraftwerk in der Nähe des Königsplatzes, der aktuell auch kurz vor der Schließung steht. Jetzt bietet die Stadt München aufs Neue allen interessierten Künstler*innen ein attraktives Gebäude zur Zwischennutzung an.


Zwischennutzung für fünf Jahre auf fast 9.000 Quadratmetern

Das ehemalige Gesundheitshaus liegt zentral an der Dachauer Straße 90 in der Maxvorstadt. Seit Mitte 2006 steht das Gebäude leer, zuvor war dort noch der Blutspendedienst untergebracht. Eigentlich sollte das Referat für Gesundheit und Umwelt die Räumlichkeiten beziehen, weil die Abteilung aber gewachsen ist geht dieser Plan nicht auf.

Deshalb soll das Gebäude abgerissen und neu gebaut werden.


Dafür braucht es aber einen Bebauungsplan - und bis es den gibt, kann es noch eine ganze Weile dauern. Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) will, dass noch in diesem Jahr etwas passiert und das riesige Gebäude mit seinen knapp 9.000 Quadratmetern Fläche mitten in München nicht länger ungenutzt herumsteht. Für die kommenden fünf Jahre soll das Gebäude kreativ genutzt werden - allerdings nicht als Club, als Rücksicht auf die Nachbar*innen. Deshalb veröffentlichte die Stadt München eine Ausschreibung, auf die sich alle Kreativschaffenden bewerben konnten.

Haus baufällig und enorme Investitionen nötig

Klingt eigentlich erstmal nach einer guten Sache. Aber nicht jede*r findet es gut, dass die Stadt den Künstler*innen das ehemalige Gesundheitshaus anbietet. Die Immobilie steht seit fast 3 Jahren leer - und wir nur von Zeit zu Zeit vom Landeskriminalamt für Geiselnahme- und Terrorübungen genutzt. Dementsprechend ist das Gebäude in einem schlechten Zustand. Der Brandschutz muss erneuert werden, die Aufzüge funktionieren nicht und weil Legionellen in den alten Leitungen sind braucht es ein neues Trinkwassernetz.

Einige Bezirkspolitiker*innen sind daher der Meinung, das man Künstler*innen nicht in elenden Ateliers arbeiten lassen könne. Außerdem schwimmen die Kreativen, die sich für das Projekt beworben haben auch nicht im Geld. Die Stadt selbst plant aber keine finanzielle Investitionen in das Haus, das in voraussichtlich fünf Jahren abgerissen werde. Oberbürgermeister Dieter Reiter, Politiker*innen des Bezirks und Anwohner*innen durften bei einem Ortstermin nicht in das Gebäude - aus Sicherheitsgründen. 

Trotz der langen Liste an Mängeln gibt's die Räume nicht umsonst. Das Haus wird im Erbbaurecht vergeben, deshalb ist eine Art Miete fällig. Wie viel letztendlich für die Dachauer Straße 90 monatlich zu zahlen wäre, hängt vom jeweiligen Nutzungskonzept ab.


Das Interessensbekundungsverfahren ist jetzt ausgelaufen. In einem Ausschuss soll jetzt entschieden werden, wer den Zuschlag für die Dachauer Straße 90 bekommt.


"Zwischennutzungskönigin" Zehra Spindler und ihr Team lehnen ab 

Für die Zwischennutzung in der Dachauer Straße hat sich auch die freie Kulturmanagerin Zehra Spindler mit ihrem Team beworben. Sie gilt als Münchens Zwischennutzungskönigin und wird schon mal als "Muddi der Künstler*innen" bezeichnet. Zehra Spindler in der Stadt schon diverse große Projekte realisiert - zum Beispiel das Puerto Giesing, ein kreativ bespieltes ehemaliges Kaufhaus, und das Biebie in einer alten Druckerei in Freimann.

Jetzt will sie den Verantwortlichen mitteilen, dass sie sich gegen eine Beteiligung an dem Projekt im ehemaligen Gesundheitszentrum entschieden hat.


Warum? Das haben uns Zehra und ihr Team - bestehend aus Max Heissler (Bündnis bezahlbarer Wohnraum), Tilman Ludwig (Tilman's Biere), Jesaja Rüschenschmidt (Kollektiv Kollektiv) - exklusiv verraten.

Im Interview hat uns Max erklärt, dass sie von Anfang an Bauchschmerzen bei der Sache hatten. Die Ausschreibung der Stadt ließ viele Dinge offen und es war nicht klar, wie hoch die Kosten für das gesamte Projekt werden würden. Nach anwaltlicher Beratung mussten sich Zehra und ihr Team dafür entscheiden, ihre Bewerbung um die Dachauer Straße zurück zu ziehen.

  • Zehra Spindler und ihr Team
    Das Interview zum Nachhören

"Wenn die Stadt sagt, neben der ganzen Hochkultur möchte man auch kleineren Dingen einen Raum geben, dann hätte man das Ganze anders aufsetzen müssen. Man hätte die Partner von vorneherein an den Tisch holen sollen."

Die Ausschreibung bzw. Interessensbekundung sei von der Stadt nicht gut aufgesetzt worden. Insgesamt hätten sie sich mehr Transparenz gewünscht.

Dass es jetzt nicht klappt, findet Zehra schade. Denn sie hätten im Unterschied zu anderen Bewerbern keine Nutzung als reine Gastronomie oder das reine Einrichten von individuellen Ateliers geplant. Ihr primäres Ziel wäre es gewesen, neben günstigen Räumen für Künstler auch eine Begegnungsfläche zu schaffen - zu der auch eine Gastronomie gehört hätte.


Fluch oder Segen? - egoFM lädt zur Podiumsdiskussion

Auch wir wollen uns schon bald intensiver mit dem Thema Zwischennutzung beschäftigen.

Wie genau kommt man an leerstehende Räume? Und an welche Vorgaben ist man dann gebunden? Welche Vor- und Nachteile gibt es für alle Beteiligten?


All diesen Fragen und noch zig mehr wollen wir bei unserer Podiumsdiskussion am 18. März auf den Grund gehen. Weil wir selbst von dem Ganzen aber eher Hobbyahnung haben, haben wir uns darum bemüht, ein ordentliches Line Up von einigen der interessantesten Vertreter*innen aus Münchens Kulturlandschaft und wichtigen Akteuren der Stadt München aufzustellen.

Die Teilnehmer:


Neben Zehra Spindler (Beraterin Kunst- und Kulturwirtschaft, Zwischennutzungsexpertin) konnten wir Alex Wolfrum (G.R.A.L.), Stephanie Utz (MUCA Museum of Urban and Contemporary Art) und Daniel Hahn (Bahnwärter Thiel, Wannda), außerdem Kristina Frank (Kommunalreferentin München Stadt) und Cornelius Mager (Leitung Lokalbaukommission München) für unsere Diskussionsrunde gewinnen.

egoFM Moderator Max wird die Diskussion leiten - im Anschluss ist dann das Publikum dazu eingeladen, alle offenen Fragen zu stellen und munter mit zu diskutieren. Vielleicht kann so ja etwas Licht in diesen Zwischennutzungs-Wirrwarr gebracht werden.



Du interessierst dich für Kulturelle Zwischennutzung und möchtest dabei sein? Dann komm einfach am 18. März im Isarforum vorbei, der Eintritt ist frei!

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