Jeder Buchstabe ein Thema: Wir fassen die Basics zu Klima, Umwelt und Nachhaltigkeit zusammen. Diese Woche: J wie Jagd.
Jagen liegt im Trend
In den letzten 20 Jahren stieg die Zahl der Jäger*innen immer mehr: 1999/2000 meldete der Deutsche Jagdverband (DJV) um die 337.000 Jäger*innen, 2019/2020 waren es schon 397.000. Der Trend hin zum Jagen ist also klar zu beobachten - die Meinungen dazu sind aber sehr gespalten.Jagd Befürworter*innen sagen, dass die Jagd dazu dient, die Lebensräume und die Artenvielfalt von Wildtieren zu erhalten und zu schützen. Gegner*innen hingegen halten die Jagd für grausam und in Bezug auf unsere Umwelt kontraproduktiv.
Bevor allerdings betrachtet werden kann, wie Jagd und Umweltschutz tatsächlich zusammenhängen, muss erst mal geklärt werden, welchen rechtlichen Rahmenbedingungen die Jagd in Deutschland unterliegt.
Jagen ist in Deutschland grundsätzlich erlaubt
Jede*r, der*die einen Jagdschein hat, darf jagen - egal ob Hobbyjäger*in oder Berufsjäger*in. Das Bundesjagdgesetz gibt dafür den groben Rahmen vor und jedes Bundesland hat ergänzend eigene Landesjagdgesetze. Außerdem müssen bei der Jagd weitere Regelungen beachtet werden, beispielsweise zu Lebensmittelhygiene, Tierschutz und Waffenrecht.Das Tierschutzgesetz zum Beispiel erlaubt das Jagen von Wirbeltieren nur aus "vernünftigem Grund".
Das bedeutet, Jagen aus Lust am Töten und die sogenannte Trophäenjagd, bei der besonders schöne, große oder seltene Tiere getötet werden, um anschließend eine Trophäe nach Hause zu nehmen, sind verboten. Lust, das selbst erlegte Wildfleisch zu essen, ist allerdings laut Tierschutzgesetz ein "vernünftiger Grund" - Jagen mit dieser Intention ist also erlaubt. Allerdings darf den Tieren nicht mehr als unvermeidbare Schmerzen zugefügt werden.
Grundsatzfrage: Ist es vertretbar, Tiere zu töten?
Beim Thema Jagen stellt sich schnell eine Grundsatzfrage: Ist es okay, Tiere zu töten (um sie zu essen)? Auch wenn einige argumentieren, dass Wildtierfleisch weniger Leid verursacht, als Fleisch aus der Massentierhaltung, finden es andere grundsätzlich moralisch nicht vertretbar, Tiere zu töten (um sie zu essen).Passend dazu findest du hier einen Artikel zum Thema Speziesismus.
Jäger*innen und ihre Motive sind sehr unterschiedlich. Manche finden die Gesetze rund um die Jagd zu schwach, manche zu stark, klar ist aber:
Mit dem Recht zu Jagen gehen auch Pflichten einher
Jäger*innen müssen Rücksicht auf Ruhezonen und Brutplätze nehmen, die Tiere in Notzeiten mit Futter und Medikamenten versorgen und die Entwicklung der Tierarten protokollieren.Abgesehen aber davon, was erlaubt ist beziehungsweise erlaubt sein sollte und was nicht, bestimmt eben vor allem eine Frage die Jagd-Debatte: Welchen Beitrag leistet die Jagd für den Klima- und Umweltschutz?
Brauchen wir die Jagd für den Naturschutz?
Dazu, welchen Einfluss die Jagd auf den Umwelt- und Naturschutz hat, gibt es verschiedene Thesen. Wir stellen dir die Gängigsten vor:Wildtiere unter Dauerstress
In Deutschland wird zunehmend beobachtet, dass sich Wildtiere nicht mehr frei bewegen und ihnen insgesamt weniger Lebensräume zur Verfügung steht. Jagd-Gegner*innen gehen davon aus, dass die Tiere durch die Jäger*innen unter Dauerstress stehen und deswegen ihre natürlichen Lebensräume verlassen. Es wird beobachtet, dass sich Wildtiere weniger auf freien Feldern aufhalten und sich stattdessen immer mehr in Wälder flüchten. Wildtierökolog*innen sagen, dass durch die fehlende Bewegungsfreiheit ein genetischer Austausch verhindert wird, was die Gesundheit der Tiere gefährdet.Es gibt aber auch Stimmen, die sagen, dass diese Entwicklungen kaum durch Jäger*innen verschuldet werden. Ihrer Ansicht nach schaden und stressen Freizeitaktivitäten wie Radfahren oder Joggen und die Land- und Forstwirtschaft die Wildtiere weitaus mehr, als es die Jagd macht.
Höhere Populationen
Das Jagdgesetz erlaubt es, Tiere in "Notzeiten" zu füttern. Dadurch wird die natürliche Wintermortalität ausgeschaltet. Das heißt, es können mehr Tiere überleben, die dann wiederum gejagt werden (können). Außerdem soll auch der Jagddruck dazu beitragen, dass sich die Tiere häufiger fortpflanzen und es auch deswegen zu höheren Populationen kommt.Jäger*innen wiederum sagen, dass Notzeiten nur in extrem strengen Wintern ausgerufen werden, was in den letzten 20 Jahren kaum bis gar nicht vorgekommen sein soll. Erlaubt sind hingegen Lockfütterungen, sogenannte Kirrungen. Die erlaubte Menge, die bei Kirrungen zur Verfügung gestellt werden darf, soll allerdings viel zu gering sein, um tatsächlich von Fütterung sprechen zu können. Dass sich die Wildtiere vermehrt reproduzieren, soll ihrer Meinung nach vor allem daran liege, dass die Wildtiere Zugriff auf die Landwirtschaft haben und die Wintermonate immer milder werden - beides kann dazu beitragen, dass mehr Tiere überleben.
Schädlingsbekämpfung
Für unsere Umwelt sind Waldverjüngung und Waldumbau extrem wichtig - manche Jagdbefürworter*innen sehen die Jagd deswegen auch mehr als eine Art der Schädlingsbekämpfung, durch die Verbiss reduziert werden soll. Als Verbiss wird das Abbeißen von Knospen, Blättern oder Zweigen bezeichnet - im Extremfall stirbt die betroffene Pflanze dadurch. Das kann Einfluss auf die Artenvielfalt und die Zusammensetzung unserer Wälder haben. Außerdem ist Holz ein wichtiger Rohstoff und Wälder haben einen ausschlaggebenden Einfluss auf den Klimawandel.In diesem Zusammenhang gilt deswegen der Grundsatz "Wald vor Wild" - dieser sagt aus, dass Bejagung dem Schutz der Waldverjüngung dienen soll. Auch der BUND sagt:
"Wir können es uns angesichts der Klimakrise nicht leisten, dass die natürliche Verjüngung der Wälder weiterhin auch an zu hohen Reh- und Rotwildbeständen scheitert." - BUND-Vorsitzender Olaf Bandt
Verbiss könnte aber auch durch die Schaffung von mehr beziehungsweise ruhigerem Lebensraum reduziert werden. Manche Jagdgegner*innen sagen allerdings sowieso, dass der Wald-Wild-Grundsatz nichts mit dem Schutz des Ökosystem Wald zu tun hat, sondern nur Teil eines Nutzungskonflikts zwischen Forstwirtschaft, Landwirtschaft und Jagd ist.
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