May December

May December

egoFM Trailer: Filmtipp

Von  Fabian Broicher
In dem ebenso sinnlichen wie abgründigen Film 'May December' beleuchtet Regisseur Todd Haynes eine skandalöse Beziehung zwischen einer Frau und einem 23 Jahre jüngeren Mann.

Wer hinter May December steckt

Todd Haynes hat ein Händchen für Ungewöhnliches. Man denke etwa an I'm Not There, seine filmische Hommage an Bob Dylan, in dem der Sänger von sechs verschiedenen Darsteller*innen verkörpert wurde, unter anderem von Cate Blanchett. Mit der grellen Glam-Rock-Fabel Velvet Goldmine verband er Märchen mit Musical. Auch sein aktueller Film May December verweigert sich einem gradlinigen Aufbau. Denn der Regisseur erzählt ihn aus der Sicht einer fiktiven Schauspielerin, die sich einer bemerkenswerten Beziehung zu nähern versucht. Sie wird verkörpert von Natalie Portman. An ihrer Seite spielen Julianne Moore und Charles Melton als unkonventionelles Liebespaar.



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Worum es in May December geht

Eine ganz schön anspruchsvolle Rolle hat sich Elizabeth für ihr nächstes Projekt ausgesucht. Die Schauspielerin soll Gracie Atherton-Yoo verkörpern, die als 36 Jahre alte Frau eine Affäre mit einem Siebtklässler begonnen hat. Eine skandalöse Geschichte, die von diversen Klatschblättern ausgeschlachtet wurde und die Gracie ins Gefängnis brachte. Trotzdem: Mittlerweile sind Gracie und der 23 Jahre jüngere Joe verheiratet. Um sie besser kennenzulernen, reist Elizabeth also für einige Tage nach Savannah. Sie möchte Zeit mit Gracie und Joe verbringen, ihr liegt viel an einer authentischen Darstellung in ihrem Film. Anfangs fühlt sie sich aufgrund Gracies hochnäsiger Art befremdet. Doch je länger sie dort ist, verschieben sich Elizabeths Moralvorstellungen…

Der Trailer für May December


So ist May December

Klassisches Unterhaltungskino hat Todd Haynes noch nie gemacht, und auch May December ist weit davon entfernt. Der Regisseur erzählt hier eine komplexe, tiefgründige Geschichte, die voller emotionaler Unwägbarkeiten steckt. Sein Ansatz ist ein realistischer: Zwar finden er und sein Kameramann Christopher Blauvelt ästhetische Bilder, aber im Fokus steht hier die Handlung. In ihrem Kern steht mit der Beziehung zwischen Gracie und Joe ein solch fragiles Konstrukt, dass es nur subtiler Veränderungen bedarf, um es ins Wanken zu bringen. Bereits das Auftauchen von Elizabeth bei diesen zurückgezogen lebenden Leuten reicht aus, um eine Katastrophe auszulösen. Natalie Portman verkörpert Elizabeth und ihren schleichenden Verlust aller Hemmungen brillant.

Auch Julianne Moore überzeugt als berechnende, unterkühlte Gracie, die mehr als einmal die Grenze zur Egomanie überschreitet. Aber herausragend ist Charles Melton. Er verleiht dem jungen Joe, dem so viel von seiner Kindheit und Jugend genommen wurde, eine stumme Verzweiflung. Intensiv wie lange nichts mehr im Kino. Dabei verteufelt May December nie die Menschen, über deren Schicksale der Film erzählt, sondern lässt die Zuschauenden ihre eigenen Schlüsse über die subtilen und trotzdem tiefe Abgründe ziehen, die ihr gezeigt werden.

Das macht May December zu einem bemerkenswerten Film, originell und schockierend. Dafür gibt's 9 von 10 Altersunterschieden.



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