Wenn es eine Sache gibt, die an Festivals oft richtig, richtig stört, ist es das Umweltproblem. Doch immer mehr Veranstalter*innen lassen sich Maßnahmen dagegen einfallen.
Das große Umweltproblem auf Festivals
Viele Festivals mussten die letzten zwei, drei Jahre ja leider eine Zwangspause einlegen, aber jetzt ist sie endlich wieder voll im Gange: die Festivalsaison. Die Freude ist natürlich riesig, aaaaber:Wo zehntausende Menschen miteinander feiern, bleibt eben leider auch viel Müll zurück.
Einwegbecher, Plastikgeschirr und dann auch noch Campingzubehör, das gar nicht mal so wenige Menschen auf dem Campinggelände zurücklassen. Und das ist natürlich nicht das einzige Problem, das Festivals in Sachen Nachhaltigkeit haben. Auch die Massen an Energie, die auf dem Gelände gebraucht werden, die Anreisen der Künstler*innen und Besucher*innen und Ernährung stellen umweltbewusste Veranstaltungen vor ein paar Rätsel. Neben Green Touring von Musiker*innen gibt es aber mittlerweile auch für Festivals einige Ideen und Innovation, wie das Ganze nachhaltiger gestaltet werden kann.Moderator Max steht mitten im Schlachtfeld und zeigt die Schattenseite von Festivals
Die Ideen des Roskilde Festivals
Wir selbst waren dieses Jahr auf dem Roskilde Festival in Dänemark unterwegs und haben etwas genauer darauf geachtet, wie sich das Festival in Sachen Nachhaltigkeit so macht. Immerhin rühmt sich die temporäre, viert größte Stadt des Landes damit, Wert auf eine soziale, nachhaltige Gesellschaft zu legen. So gehen die Festivaleinnahmen zu 100 Prozent an humanitäre, kulturelle und gemeinnützige Projekte auf der ganzen Welt, das Roskilde Festival ist damit also eine Non-Profit-Veranstaltung.Viele unserer Fragen konnte uns Sanne Stephansen, die Nachhaltigkeitsmanagerin vom Roskilde Festival, beantworten.
Lösungen fürs Müllproblem
Anders als bei anderen Events gibt es beim Roskilde keinen Pfand auf volle Müllbeutel. Das sieht man leider auch, wenn man gegen Ende des Festivals über die "War Zone" schlendert. So wird der Campingplatz, der direkt an das Festivalgelände grenzt, liebevoll genannt und diese War Zone macht ihrem Namen leider alle Ehre. Gerade nach dem Festival bleibt einiges an Campingzubehör liegen. Die Veranstalter*innen versuchen das Problem etwas einzudämmen, indem sie bestimmte Campingplätze bereits mit Zelten versehen und diese zur Vermietung freigeben. Dieses Jahr waren alle davon restlos vergriffen, nächstes Jahr werde man noch mehr anbieten, erzählt Stephansen.Ansonsten soll ein ausgedehntes Pfandsystem helfen, die Menge rumliegender Dosen und Becher zu minimieren. Klappt natürlich auch nicht perfekt, da viele Besucher*innen gerne mal ihre Stärke demonstrieren, indem sie Dosen mit bloßen Händen oder Füßen zerknüllen - für Geld abgegeben werden können diese dann nur halt nicht mehr, weswegen sie liegen bleiben.
Lösungen fürs Energieproblem
Mit mehreren fetten Bühnen und sowieso allerlei Zeug, das Energie schluckt, sind Festivals unmöglich stromsparsam. Allerdings lässt sich schon einiges verbessern, wenn man sich mal anschaut, woher diese Energie kommt. Früher wurden auf dem Gelände des Roskilde Festivals mit Diesel betriebene Generatoren benutzt, 2019 wurden deswegen 160.000 Liter Diesel verbraucht. Dieses Jahr wurde auf Generatoren verzichtet und dementsprechend der Dieselverbrauch halbiert. Stattdessen wurden insgesamt fünf Transformatoren aufgestellt, wodurch sich das Festival den Saft aus dem dänischen Stromnetzwerk ziehen konnte. Dänemark ist in Sachen erneuerbarer Energie ziemlich weit voran, was die ganze Sache ein großes Stück nachhaltiger macht.Natürlich gibt es auch die Überlegung, Strom selbst zu erzeugen mittels Solaranlagen oder Ähnlichem. Da ist die Nachhaltigkeitsmanagerin ziemlich ehrlich und sagt: "Das ist nicht unsere Aufgabe". Sie seien ein Festival und kein Stromerzeuger. Fair enough.
Lösungen fürs Reiseproblem
Einen ziemlich großen Teil der ganzen CO2-Emissionen des Festivals macht die An- und Abreise der Musiker*innen und Besucher*innen aus. Damit letztere nicht unbedingt mit dem Auto anreisen, sind zunächst die Parkplatzmöglichkeiten stark begrenzt. Zudem wurde es so angenehm wie möglich gemacht, mit dem Zug anzureisen. Haben wir selbst auch so gemacht, hat auf jeden Fall geklappt.Die genauen Mengen, wie viel CO2 mehr oder weniger ausgeschüttet wird bei An- und Abreise, will das Roskilde dieses und die folgenden Jahre noch genauer untersuchen. Konkrete Zahlen gibt es also bisher nicht. Allerdings hat Sanne Stephansen eine interessante These:
Es könnte nachhaltiger sein, viele Menschen für mehrere Tage mit mehreren Events anreisen zu lassen, als wenn genauso viele Menschen an noch mehr Orten dieser Welt zu einzelnen Events wie zum Beispiel Konzerten tingeln.
Lösungen für nachhaltigere Ernährung
Eine der schönsten Dinge auf Festivals - seien wir mal ganz kurz ehrlich - sind vor allem die Fressalien. So stehen auch auf dem Roskilde Festival viele tolle Buden rum, zwischen denen man sich kaum entscheiden kann, weil eine leckerer als die andere riecht. Die Gerichte sind dabei fast komplett in Bio-Qualität. Um transparent gegenüber den Konsument*innen zu sein, wurde ein Tool entwickelt, mit dem die Stände ausrechnen und ausstellen können, wie groß der ökologische Fußabdruck ihres Essens ist.Auch die Überlegung, komplett auf pflanzliche Ernährung umzusteigen, schwebt im Raum. Hier zögern die Veranstalter*innen nur leider noch ein bisschen aus Angst vor den Reaktionen der Besucher*innen. Die Befürchtung ist, das Fleisch werde dann einfach mit auf den Campingplatz gebracht und ist dann gegebenenfalls von sehr geringer Qualität. Was stattdessen der Plan ist: Mit tollen veggie Alternativen zu Würstchen, Burger Patties oder sogar der dänischen Spezialität namens Flæskestegssandwich sollen die Festivalgänger*innen nachhaltig dazu inspiriert werden, auch mal im Alltag auf Fleisch zu verzichten.
Artikel teilen: