Das Ein- und Durchschlafen kann manchmal zur ganz schönen Belastungsprobe werden. Warum verlieren wir uns eigentlich so gerne in nächtlichen Gedankenspiralen? Und was kann man für besseren Schlaf tun: wir sagen's dir!
Wenn das Gedankenkarussell nachts durchdreht
Kaum wird es dunkel, geht der Horrortrip los: Plötzlich fühlt sich alles existenziell an, kleine Sorgen werden zu Weltuntergangsszenarien – und einschlafen? Unmöglich. Schuld daran ist nicht (nur) dein Gehirn, sondern eine Mischung aus Hormonen, innerer Uhr und gesellschaftlichen Stressoren.Nachts übernimmt das Unterbewusstsein
Schuld an diesem Gefühl, dass nachts alles schlimmer ist, ist unter anderem das Schlafhormon Melatonin. Sobald es draußen dunkel wird, fährt dein Körper die Temperatur runter, der Kreislauf wird träge – und deine Stimmung gleich mit. Zwischen 2 und 4 Uhr nachts erreicht dein Organismus seinen biologischen Tiefpunkt. In dieser Phase bist du reizbarer, emotionaler und empfänglicher für negative Gedanken.Zusätzlich wird nachts vor allem das limbische System – also das Zentrum für Emotionen – stärker aktiviert, während die vernünftige Großhirnrinde Pause macht. Das führt dazu, dass Gedanken weniger gefiltert werden und dir plötzlich alles wie ein Riesenproblem vorkommt. Am Morgen sieht’s dann meist schon ganz anders aus – weil dein rationales Denken wieder mitmischt.
Einschlafhilfen im Check: Was wirklich hilft (und was nicht)
Die Klassiker: Hörspiele, Milch mit Honig und Schafe zählen.
Klingt harmlos – aber ist es das auch? Studien zeigen: Geräusche wie Podcasts oder Hörspiele können das Gehirn überfordern, weil sie unbewusst weiterverarbeitet werden. Das Schlafsystem bekommt also keine echte Ruhepause. Statt echter Entspannung passiert Folgendes:- Dein Hörsystem bleibt aktiv
- Du schläfst oberflächlicher
- Die Ursache deiner Schlafprobleme wird nicht gelöst – nur betäubt
Ein weiteres Problem: Wenn du dich zu sehr an diese akustische Einschlafbegleitung gewöhnst, kann es sein, dass du irgendwann gar nicht mehr ohne einschlafen kannst. Stichwort Gewohnheitseffekt.
Fußpflaster gegen Giftstoffe? Nope.
Manche schwören auf Detox-Fußpflaster, die angeblich während der Nacht Schadstoffe aus dem Körper ziehen sollen. Medizinisch ist das allerdings kompletter Quatsch. Giftstoffe werden über Leber, Niere und Darm abgebaut, nicht über die Füße. Der einzige Effekt dieser Pflaster ist ein Placebo. Fürs Einschlafen bringt das nichts – außer du bist so überzeugt davon, dass dein Körper sich entspannen kann. Dann Glückwunsch: Die Psyche ist mächtig.Pflanzliche Helfer: Baldrian, Lavendel und Co.
Hier sieht’s schon besser aus. Studien belegen, dass Baldrian beruhigend wirken kann, ebenso wie Lavendel – allerdings sind die Effekte oft moderat. Trotzdem gilt:- Keine Nebenwirkungen bei richtiger Anwendung
- Eher hilfreich bei leichter innerer Unruhe
- Nicht geeignet bei chronischen Schlafstörungen
Pflanzenpower kann also unterstützen, ist aber kein Allheilmittel. Und: Auch hier ist eine gewisse Erwartungshaltung hilfreich. Wer denkt, dass Lavendelöl hilft, schläft oft schneller ein. Willkommen im Reich der Psychologie.
Schlaf-Apps & White Noise: Hilfreich oder Hype?
Der Markt für Schlaf-Apps boomt – von meditativem Regenrauschen bis zur Einschlafhypnose. Doch auch hier gilt: Nicht alles, was sich nach Schlafhilfe anhört, bringt echte Erholung. Studien weisen darauf hin, dass das Gehirn durch konstanten Geräuschinput nachts überfordert sein kann, selbst wenn es sich um entspannende Klänge handelt.Außerdem kann eine übermäßige Fixierung auf Tracking-Apps dazu führen, dass du mehr über dein Schlafproblem nachdenkst als vorher. Schlafpsychologin Jade Wu warnt: "Es ist nicht hilfreich, den Schlaf ständig optimieren zu wollen." Stattdessen lieber auf das eigene Körpergefühl hören.
Was wirklich funktioniert: Die besten Tipps für besseren Schlaf
1. Nur schlafen, wenn du wirklich müde bist
Du solltest dich nicht nach der Uhr richten, sondern nach deinem Körper. Wer sich ins Bett zwingt, obwohl er nicht schläfrig ist, riskiert Einschlafprobleme. Also: Nicht um 22 Uhr ins Bett, nur weil "man das so macht". Stattdessen auf echte Müdigkeit warten – nicht bloß Erschöpfung oder Langeweile. Der Unterschied: "Müde" bedeutet, du kannst kaum die Augen offenhalten2. Bett verlassen, wenn du wach liegst
Je länger du wach im Bett liegst, desto stärker wird die Verknüpfung "Bett = Grübeln". Also: Nach etwa 15 Minuten aufstehen, in einen anderen Raum gehen, etwas Ruhiges tun (z. B. lesen) – und erst zurück ins Bett, wenn du wieder schläfrig bist.3. Schlafroutine etablieren
Der Körper liebt Rituale. Eine konstante Einschlafzeit ist weniger wichtig als eine konstante Aufwachzeit. Morgens zur gleichen Zeit aufstehen – auch am Wochenende – hilft deinem Biorhythmus, sich zu stabilisieren. Weitere Ideen:- Licht dämmen zwei Stunden vor dem Schlafengehen
- Kein Alkohol oder schweres Essen kurz vorm Schlafengehen
- Handy auf Nacht- oder direkt Flugmodus
4. Atemübungen und Achtsamkeit
Eine simple Atemübung kann das Nervensystem beruhigen, zum Beispiel die 4-7-8-Atmung:- 4 Sekunden einatmen
- 7 Sekunden halten
- 8 Sekunden ausatmen
5. Tagsüber: Sonne, Bewegung und "Me-Time"
Guter Schlaf beginnt nicht abends, sondern am Tag. Ein paar Faktoren, die deinen Schlaf nachts verbessern:- 20–30 Minuten Tageslicht am Vormittag
- Moderate Bewegung, aber nicht direkt vor dem Schlafengehen
- Kurze Auszeiten für dich selbst – gegen das nächtliche "Rache-Aufbleiben"
Noch mehr Schaftipps
Vielleicht kann man uns mittlerweile vorwerfen, dass das Thema Schlaf zu unseren Lieblingen gehört. Und ja, also dagegen wollen wir gar nichts sagen. Schlafen ist toll! Deswegen gibt es hier noch einen weiteren Artikel mit allerlei Schlaftipps. Du hast ja vielleicht die ein oder andere schlaflose Minute Zeit, dich damit auseinanderzusetzen...Lieber smart statt radikal: Technik nicht verteufeln
Du musst übrigens dein Handy nicht verbannt im Flur aufladen. Viel wichtiger ist, wie du es nutzt:- Weißes Rauschen oder Einschlafmusik? Ja – aber bitte in geringer Lautstärke
- Bildschirmzeit? Nur mit Night Mode oder Blaulichtfilter
- Kein Doomscrolling – sondern gezielter Einsatz für Meditation oder ruhige Podcasts
Der Trick: Nicht die Technik kontrolliert dich, sondern du sie. Eine Studie von Sara E. Benjamin (Johns Hopkins University) zeigt, dass Menschen besser schlafen, wenn sie abends einen Notfallplan haben – statt impulsiv das Handy zu zücken. Also: vorab entscheiden, was du tust, wenn du nachts wach wirst.
Und wenn gar nichts hilft?
Wenn du dauerhaft schlecht schläfst oder Einschlafprobleme zum Normalzustand werden, hilft leider kein Lavendeltee mehr. Dann ist es Zeit, ärztlichen Rat einzuholen – etwa bei Verdacht auf Schlafapnoe oder chronische Insomnie. Auch eine Schlaftherapie oder kognitive Verhaltenstherapie kann hier helfen.Es muss nicht perfekt sein – nur konstant
Ein besserer Schlaf beginnt mit kleinen, realistischen Schritten – nicht mit einem perfekt kuratierten 15-Punkte-Plan. Ob du deine Einschlafroutine in 15 oder 60 Minuten durchziehst, ist zweitrangig. Wichtig ist: Sie funktioniert für dich, ist entspannend und kein zusätzlicher Stressfaktor.Wenn du dir abends einfach nur egoFM reinziehst, bis dir die Augen zufallen – dann hast du eigentlich schon alles richtig gemacht.
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