Von Tupac bis Kendrick Lamar

Von Tupac bis Kendrick Lamar

Fünf bekannte Westcoast Rapper

Von  Viktoria Molnar
Rivalität, Macht und Geld definieren die Geschichten der prägendsten Rapper. So sehen sie aus, die Anfänge des Westcoast-Hip-Hop.


Dr. Dre

Andre Romelle Young wurde 1965 in Compton, Kalifornien geboren und wuchs ohne große Chancen auf eine bessere Zukunft auf. Doch anstatt sich einer Gang anzuschließen, baute Dr. Dre, wie er sich heutzutage nennt, nach der Schule seine eigenen Beats mit einem selbstgebauten Mixer. Als junger Erwachsener gründete er 1986 mit seinen Crew-Kollegen Ice-Cube und Eazy-E die Gruppe N.W.A.. Zwei Jahre später, 1988, schlugen sie mit ihrem zweiten Album Straight Outta Compton ein. Und das obwohl sich sowohl mehrere Radiostationen als auch MTV weigerten, das Album zu spielen. Das Werk gilt heute als Dres wichtigste Produktion.

Drei Jahre später trennten sich N.W.A. wegen Streitigkeiten und Dre gründete mit seinem ehemaligen Bodyguard Suge Knight die Death Row Records. Hier produzierte er das Album The Chronic, das zum kommerziellen Erfolg wurde. Unter diesem Label gab er damals noch unbekannten Rappern wie Tupac und Snoop Dogg die Chance bekannt zu werden. Mit dem Album prägte er den Stil des G-Funk, der mehr nach Soul klang als N.W.A.. Doch letztendlich trennte sich Dr. Dre von Death Row Records. Sein Partner Suge Knight steckte zu tief im Konflikt zwischen der East - und der Westcoast, einer Rivalität zwischen den größten Plattenlabels von New York und Los Angeles. Also gründete Dre sein erstes eigenes Label: Aftermath Entertainment wurde sehr erfolgreich und so verhalf er Rappern wie 50 Cent und Eminem zum Durchbruch. Doch leider wird Dres Karriere überschattet von seiner Gewalt gegen Frauen. Immer wieder wurde er ausfallend, einmal wurde er dafür verurteilt - zur Wiedergutmachung drehte er einen Anti-Gewalt Werbespot. Ob es damit getan ist, bleibt fraglich.

Ice Cube

O'Shea Jackson alias Ice Cube wuchs in den 70ern in South Central L.A. auf - Gewalt und Kriminalität standen hier an der Tagesordnung. Nach einem kurzen Bandprojekt und einem Jahr Studium, gründete Ice Cube gemeinsam mit Dr. Dre und Eazy-E die Gruppe N.W.A. Ice Cube war zuständig für die Texte, in welchen er die Lebensbedingungen in Los Angeles, Straßengangs und Polizeigewalt thematisierte. N.W.A.s zweites Album Straight Outta Compton war ein Erfolg, doch Ice Cube fühlte sich ausgebeutet. Es kam zum Zerwürfnis mit der Gruppe - Ice Cube stieg aus und startete seine Solokarriere.

Sein zweites Soloalbum Death Certificate war radikal. Für viele Radiostationen zu vulgär, zu aggressiv. Der Disstrack gegen N.W.A. "No Vaseline" wurde wegen dieser Stelle als antisemitisch aufgenommen - hier griff er seinen jüdischstämmigen Manager darin an. Als erstes Album jemals wurde es aus den Billboard-Charts gestrichen, nachdem es hier zu Beginn Platz 2 erreicht hatte. Auch seine weiteren musikalischen Projekte waren meist erfolgreich - vermutlich wegen der Kreativität und der Aggression in seiner Stimme, die aufheizt und aufzeigt, was falsch läuft - wie bei der Black Lives Matter Bewegung, für die er sich ebenfalls engagiert.

Snoop Dogg

1971 wurde Calvin Cordozar Broadus Jr. in einem Armenviertel von Long Beach geboren. Schon früh war er als Mitglied in der Jugendgang Crips aktiv - bis ihn der Produzent Dr. Dre von der Straße holte und ihm die Möglichkeit gab, Musik zu machen. Seit 1992 ist Snoop Dogg auf dem Album The Chronic von Dr. Dre zu hören. Das Label Death Row Records wurde seine Ersatzfamilie. Im Jahr 1993 veröffentlichte Snoop dann sein Debütalbum Doggystyle, das sich allein in den USA über vier Millionen Mal verkaufte.

Der Absprung aus der Kriminalität in die Kreativität schien geschafft, doch dann wurde er in eine Schießerei verwickelt, in der sein Bodyguard einen Mann aus Notwehr umbrachte. Snoop Dogg stand über drei Jahre vor Gericht, bis er letztendlich freigesprochen wurde. Das thematisierte er auch mit seinem Kollegen und Freund Tupac Shakur in ihrem Song "2 of Amerikaz Most Wanted" von 1996. Doch 1996 wurde sein Freund und Partner Tupac Shakur von Unbekannten erschossen. Snoop Dogg fühlte sich wegen vorherigen Streitigkeiten schuldig und trennte sich letztendlich von seinem Label. Und ging seinen eigenen Weg - mit mehreren Plattenlabels veröffentlichte er 22 Studioalben, erfand sich immer wieder neu und kaufte 2022 überraschenderweise Death Row Records: Vermutlich, um es besser zu machen.

  • Dr. Dre
    Bekannteste Rapper der Westcoast
  • Snoop Dogg
    Bekannteste Rapper der Westcoast
  • Tupac Shakur
    Bekannteste Rapper der Westcoast
  • Kendrick Lamar
    Bekannteste Rapper der Westcoast

Tupac

1971 geboren, wuchs Tupac Amaru Shakur in prekären Verhältnissen im Stadtteil Harlem von New York auf. Seine Mutter war Bürgerrechtlerin und Teil der Black Panther Bewegung - früh lernte er zu Hinterfragen. Bevor die Familie nach Baltimore zog, war Tupacs Leben geprägt von Umzügen, Straßenkriminalität, aber auch von der Liebe seiner Mutter. Nach ihrem Umzug nach Baltimore besuchte er die School of Arts: Hier belegte er Kurse in Literatur und Ballett, spielte Theater und las viel. Zur gleichen Zeit fing er an zu rappen. Die Jahre in Baltimore beschrieb er einst in einem Interview als die glücklichsten seines Lebens - eine prägende Zeit.

Der Junge aus dem Ghetto, der die Relevanz von Bildung verstand, wurde wieder entwurzelt und kam über Umwege nach Kalifornien. Hier wurde er entdeckt und unter Vertrag genommen. Die Freude währte kurz: Wegen sexueller Nötigung wurde Tupac zu vier Jahren Haft verurteilt, doch das Label Death Row Records, bei dem auch Snoop Dogg unter Vertrag stand, kaufte ihn frei. Im Gegenzug sollte Tupac einen Drei-Alben-Vertrag unterzeichnen. Songs wie "California Love" vom ersten Album wurden ein Erfolg. Und dann wurde Tupac angeschossen - The Notorious B.I.G. sei dafür verantwortlich gewesen, Tupac war sich sicher. Diese Auseinandersetzung galt als Ursprung des folgenschweren East-Coast vs. West-Coast Konflikts, der zu mehreren Toten geführt hatte. Zwei Jahre später wurde Tupac erneut angeschossen - mehrere Kugeln trafen ihn. Tage später erlag er seinen Verletzungen. Die Tat ist bis heute ungeklärt und befeuert den Mythos um Tupac Shakur.

Kendrick Lamar

Kalifornien, 1996: Dr. Dre und Tupac Shakur sind gerade dabei, das Musikvideo zu ihrem Song "California Love" zu drehen. Der kleine Kendrick Lamar Duckworth verfolgte die Szenen und begann sich - inspiriert davon - mit Rap zu beschäftigen. Obwohl er in Compton aufwuchs, eine Gegend, die zu der Zeit geprägt war von Gewalt und sein Vater selbst Gangmitglied war, trat er nie einer Gang bei - ganz im Gegenteil: Er war ein Straight-A Student. Viele seiner Freund*innen begannen Musik zu machen und so brachte auch er sein erstes Mixtape bei dem Label Top Dawg raus.

Mit Overly Dedicated rückte er ins Blickfeld der Szene. Nur ein Jahr später arbeitete er mit einstigen Idolen wie Dr. Dre zusammen und produzierte sein Album Section.80 - es wurde eines der erfolgreichsten Alben des Jahres. Und Kendricks Aufstieg begann. Auf Album folgte Grammy, auf Grammy/Oscar-Nominierung folgte Album und nach seinem vierten Album Damn erhielt Kendrick Lamar als erster Rapper überhaupt den Pulitzer-Preis. Das Album bietet eindringliche Momentaufnahmen, welche die Komplexität des modernen afroamerikanischen Lebens einfingen. Vom König des Rap zum besten Rapper aller Zeiten. Und nun ist er das Idol von Millionen von Kindern, wie auch er es einst war - mit Träumen und Hoffnungen.

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