Buntspecht: Konstrukt 5

Das Album der Woche

Von Vitus Aumann

Der Vogel des Jahres sollte hiermit eigentlich feststehen.

Buntspecht im Interview

Backstage im Muffatwerk treffen wir zwei der sechs Buntspechte – Jakob und Florian – direkt nach dem Soundcheck fürs egoFM fest zum Gespräch. Im Interview erzählen sie von der ganz eigenen Entstehung ihres neuen Albums Konstrukt 5, das teils aus Rohfassungen und Demos besteht, weil gerade die kleinen Unfälle oft zu den schönsten Momenten führen. Außerdem geht's um ihre neue Cellistin, das Leben als Bandkollektiv und natürlich um Songtitel wie "Party im Schnitzelhaus", die genauso spontan entstehen wie ihre Musik. Auch was die beiden mit der österreichischen Charts-Vergangenheit anfangen können und welche Songs live gerade am meisten Spaß machen – hörst du hier im egoFM Interview:

Buntspecht im Interview

Das komplette Gespräch

Konstrukt 5 ist das sechste Album von Buntspecht

– Und das sagt eigentlich schon mehr als genug. Die Wiener sind einfach ein bisschen anders drauf als der Rest, das hört man sofort. Natürlich fällt erstmal die Stimme von Sänger Lukas auf, die immer genau richtig zwischen purer Lässigkeit und ekstatischem Wahnsinn ins Ohr trudelt. Und während die andren in der deutschsprachigen Musikszene nach Drumcomputer und Synthie klingen, versprühen Buntspecht eher den Duft eines leicht angeschwipsten Kammerorchesters.

Gut möglich, dass die Band deswegen erstmal eine kleine Eingewöhnungsphase im Gehörgang braucht - aber wenn dich der Buntspecht erstmal im Schnabel hat, kommst du nicht mehr so leicht wieder raus.

Ornitholog*innen an der Oboe

Denn natürlich hat der Buntspecht ein besonderes Gespür für Ohrwürmer…. Okay das wars jetzt mit den zoologischen Witzen, ich versprech's. Aber es ist schon ziemlich beeindruckend, wie sich "Im Fluss" letztes Jahr noch schnell den Spätsommerhittitel geschnappt hat und seitdem eigentlich die perfekte Soundtrack für jeden Nachmittag am Wasser ist. Der Schein trügt da aber ein wenig: Konstrukt 5 ist kein zu früh erschienenes Sommeralbum - der Rest der Platte passt eher zu einem grüblerischen Sinnfindungsspaziergang.

Das Album kommt deutlich melancholischer daher, als es Titel wie "Party im Schnitzelhaus" oder "Sexy Fieber" andeuten. Der Sound wird gerne von sanftem Gitarrenzupfen, gedrosseltem Schlagzeug und sich höflich reinschleichenden Bläsersätzen geprägt. Aber immer wieder kommen kleine Elemente ins Spiel, die das langsam vertraut wirkende Konstrukt plötzlich wieder neu und aufregend klingen lassen. Perfekt, um sich in leicht trübselige Fantasiewelten zu träumen.

Trotzdem wird sich nicht zu sehr in die Melancholie eingebettet, dafür sorgen emotionale Ausbrüche in "Wenn du jetzt gehst" und eben auch die Texte, die sich immer wieder widerwillig zur guten Laune bekennen.

Optimismus aus schweren Zeiten ziehen - und plötzlich sind wir halt doch wieder in ganz in der Realität.

Gefiederte Lupe

Die Texte sind dieses Mal eh noch ein bisschen verrückter als sonst. Früher waren diese bei Buntspecht nämlich das Fundament, auf das dann der restliche Song aufgebaut wurde. Dieses Mal war es aber scheinbar anders herum: Der Sound stand im Vordergrund und die Texte beschreiben einfach das, was die Instrumente machen. Das funktioniert vor allem bei "Verfolgungsjagd" richtig gut - den Song kann man kaum hören, ohne die rasende Polizei vor dem geistigen Auge zu sehen. Und es fasst auch gut die Grundeinstellung der Band auf Konstrukt 5 zusammen:

Buntspecht wollen hier nicht die Welt erklären, sie wollen sie nur beobachten und im ganzen Trubel dann eben doch noch die vergrabene Schönheit finden.

Wenn die Welt halt zu absurd wird, um sich noch drüber lustig zu machen, braucht man sowas wie Buntspecht.