Wenn die Tage kürzer und die Nächte länger werden, ist es Zeit für eine alljährliche Tradition: Die besten Alben des Jahres wollen bestimmt werden.
Dafür hat sich die Musikredaktion feierlich an einem Tisch zusammengefunden. Es wurde höflich diskutiert, passiv aggressiv gekontert, derbe geschimpft - Tränen flossen, kreative Beleidigungen wurden erfunden, mehrere Stühle flogen, es wurde auf große Versöhnung angestoßen, Glühwein verschüttet - und alles ging wieder von vorne los.
Nachdem sich jetzt langsam alle wieder beruhigt haben und die Streithähne in komplett verschiedene Ecken des Großraumbüros verbannt wurden, präsentieren wir jetzt stolz die Liste aller Listen: Unsere Lieblingstonträger 2019.
#15 Sam Fender - Hypersonic Missiles
Immer wieder merkwürdig, wenn ein Künstler schon ganze Touren ausverkauft, bevor er überhaupt sein Debütalbum rausgebracht hat. Aber eigentlich kein Wunder: Sam Fender dreht gerne das Tempo auf. Er kombiniert spitzfindige, sozialkritische Texte mit hochexplosivem Indie Rock. Heraus kommt ein Album, dass man sich wohl auch in zwanzig Jahren noch gerne in den Plattenschrank stellen wird.
#14 Hot Chip - A Bath Full Of Ecstasy
Keinerlei Anzeichen von Ermüdungserscheinungen: Die Londoner Synth-Pop Nerds haben bei ihrer siebten Platte die Clubbeats wieder auf Anschlag hochgedreht. Hot Chip liefern herrlich leichtfüßige, aber dann plötzlich doch wieder emotionale Elektropop-Leckerbissen. Mit Sicherheit die zuckersüßeste Platte des Jahres.
#13 Nilüfer Yanya - Miss Universe
Steht der Begriff "eingelöstes Versprechen" eigentlich im Lexikon? Falls ja, sollte jemand ein Bild von Nilüfer Yanya daneben kleben. Die Londonerin war jahrelang das Lieblingswunderkind aller möglichen Indieblogs - ihr Debütalbum Miss Universe zeigt ganz klar warum: So lässig wie Nilüfer Yanya hat noch nie jemand dystopische Zukunftsvisionen mit smoothem Soul und krachigen Gitarren kombiniert.
#12 Michael Kiwanuka - Kiwanuka
Als gefeierter, moderner Soulstar sollte man doch vor Selbstbewusstsein eigentlich nur so platzen. Aber für Michael Kiwanuka war es nie ganz so einfach: Die Selbstzweifel wollten einfach nicht verschwinden. Doch sein drittes, nach ihm selbst benanntes Album ist eine Ode an das eigene Selbstbewusstsein - und eine der besten Platte des Jahres 2019 geworden.
#11 Big Thief - U.F.O.F.
Ein Album über ein Alien, dass über Nacht zum besten Freund geworden, aber am nächsten Morgen genau so abrupt wieder verschwunden ist - ja, ernsthaft. Die Brooklyner Band hat mit ihrem dritten Album ihren Indie Folk auf ein fast perfektes Niveau gehoben: Hinter den zurückgenommenen Songs verstecken sich so viele verrückte Kniffe, dass man sich auch beim hundertsten Hören neu verlieben kann.
#10 Foals - Everything Not Saved Will Be Lost Part 1 & 2
Ja schon klar: Das sind jetzt eigentlich zwei verschiedene Alben. Aber sich zwischen den beiden zu entscheiden ist fast unmöglich, sowohl Part 1 als auch Part 2 mussten auf diese Liste gepackt werden. Die Foals liefern mit ihrem Zweiteiler den Soundtrack zum immer näherkommenden Weltuntergang. Das klingt natürlich hin und wieder ziemlich düster, aber Yannis und Kollegen geben auch mehr als genug Hoffnungsschimmer mit auf den Weg.
#09 Whitney - Forever Turned Around
Die ganze große Revolution haben sich Whitney für ihr zweites Album nicht gerade angezettelt. Aber wozu auch: Forever Turned Around baut auf den melancholisch, nostalgischen Stärken des Vorgängers auf und macht konsequent weiter. Whitney liefern eine super Gelegenheit, mal kurz in eine nostalgische Parallelwelt abzutauchen.
#08 Billie Eilish - WHEN WE ALL FALL ASLEEP, WHERE DO WE GO?
Der Stoff, aus dem Albträume gemacht sind: Billie leidet an einer Schlafstörung, die bei ihr für panische Angst vor dem Einschlafen sorgt. Um mit diesem Horror klarzukommen, schreibt die Teenagerin mit ihrem Bruder zusammen Songs - und hat damit den mit Abstand größten Pop-Hype des Jahres ausgelöst.
#07 Bon Iver - i,i
Das vierte Album war eine besonders große Herausforderung für Justin Vernon: Schließlich hat die Vorgängerplatte 22, A Million die Musikszene mal im Handumdrehen auf den Kopf gestellt. Aber auch bei i,i stellen Vernon und Band wieder unter Beweis, warum sie zu den größten Künstlern unserer Zeit zählen.
#06 Nick Waterhouse - Nick Waterhouse
Der bestimmt sympathischste Brillenträger Kaliforniens legt endlich den Fokus auf das Wichtigste - nämlich sich selbst. Nick Waterhouse hat seine neue Platte komplett alleine in die Hand genommen und mal wieder ein ziemliches Brett abgeliefert: Seine akustische Zeitreise in die goldene Ära des Blues klingt authentischer denn je.
#05 Balthazar - Fever
Ganz ehrlich: Ein paar Sorgen musste man sich ja schon um unsere Lieblinge aus Belgien machen. Schließlich waren mit Warhaus und J. Bernardt die Soloprojekte der beiden Sänger eh schon erfolgreich genug. Aber Marteen und Jinte haben einfach das Beste aus ihren Soloabenteuern in die neue Platte von Balthazar gesteckt und ein überragendes Comeback geliefert.
#04 Lana Del Rey - Norman Fucking Rockwell
Lana Del Rey liefert den schönsten Grund des Jahres, mal richtig zu fluchen. Zusammen mit Jack Antonoff packt sie das verstörende Amerika der Gegenwart und schleudert es zurück in eine melancholische Vergangenheitsutopie: Ihr Album transportiert die perfekte kalifornische Sommerdepression in die Kopfhörer.
#03 Apparat - LP5
Über Trennungen freut man sich eher selten, bei Apparat machen wir aber eine Ausnahme. Nach drei sehr guten Alben mit der Supergroup Moderat, macht Sasha Ring wieder mit seinem ursprünglichen Projekt verkopft atmosphärischen Elektro. Dabei gelingt es ihm absolut meisterhaft, elektronische Klänge mit orchestralen Sounds zu einer Einheit zu verweben.
#02 Vampire Weekend - Father of the Bride
Schon irgendwie frech von den New Yorkern uns ganze sechs Jahre auf neue Musik warten zu lassen. Immerhin hat sich die Warterei gelohnt - auch ohne Gründungsmitglied Rostam knüpfen Vampire Weekend an die großartigen Vorgängeralben an. Das Album liefert abwechselnd unüberwindbare Ohrwürmer ("Sunflower"), große Emotionen ("Harmony Hall") und einfach nur gute Laune ("This Life").
#01 Fontaines D.C. - Dogrel
Zugegeben: Fast wären sie uns unter dem Radar durchgeschlüpft, aber dann haben sie uns auf einer Festivalbühne erwischt und nie mehr losgelassen. Dogrel klingt gekonnt wuchtig, hat immer einen klaren Blick auf die Dinge und Texte mit ordentlich Köpfchen - genau die Musik, die man dieses Jahr gehört haben sollte.
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