ENNIO: Schlaraffenland

Das Album der Woche

Wir sollten uns alle mal wieder ein bisschen mehr fühlen! ENNIOs neues Album bietet dafür eine prima Hilfestellung.

Bitte alle einsteigen zur Achterbahnfahrt!

Seien es die nächsten Indie-Party-Banger oder einfühlsame Balladen: Auf 16 Songs präsentiert der Münchner Musiker mit seinem zweiten Album eine angenehme Vielfalt an Sounds und erfüllt damit ganz sein Versprechen, das er uns zum Album vorab gegeben hat:

"Im Prinzip ist mein Schlaraffenland unsere Welt, nur auf 120 Prozent hochgefahren. Mit allen Höhen, aber auch Tiefen" - ENNIO

Ein besonderes Highlight auf Schlaraffenland ist das Duett mit Nina Chuba

Aus heiterem Himmel kommt diese göttliche Kombo allerdings nicht. ENNIO war bereits als Support auf Nina Chubas Glas-Tour am Start und hat mit der Musikerin live auf der Bühne den Track "Ich Hass Dich" performt.

Nun findet sich auf Schlaraffenland das erste offizielle Duett der beiden: "Fühlst du gar nichts?" ist ein Song über ein Paar, das sich am Ende ihrer Beziehung befindet und über die verpufften Gefühle sinniert.

Die Sterne und der Strand
Wir lagen stundenlang im Sand
Und alles drehte sich um uns in dieser Nacht
Und als ich dir mein Herz dann gab
Dauerte es nicht lang bis es zerbrach
Ich glaub', unser Feuer hat mich einfach so verbrannt
- aus dem Song "Fühlst du gar nichts?"

Neben Nina Chuba findet sich noch ein anderes Feature auf der Tracklist: der King of Ljubav aka RIN. Der Rapper ist gemeinsam mit ENNIO auf "Zeit" zu hören. Abgesehen von den Features klingt Schlaraffenland hier und da wie das auditive Äquivalent zum Déjà-vu...

Allzu vertraute Sounds auf Schlaraffenland

ENNIO lädt mit seinem neuen Werk zum munteren Musikquizzen ein! Ob es sich um so offensichtliche Samples wie in "Mein armes Herz" handelt, für das sich ENNIO Santigolds "Disparate Youth" geborgt hat, oder mal mehr, mal weniger entfernte Ähnlichkeiten zu den Ärzten, Kraftklub und Tristan Brusch hat. Oder Songs wie Kanye Wests "Black Skinhead" (in "Zeit"), Plain White T's "Hey There Delilah" (in "Jungs") oder No Doubts "Don't Speak" (in "Palmen") handelt: Du wirst nicht drumherum kommen, das ein oder andere Mal beim Lauschen von Schlaraffenland zu überlegen: "Verdammt, welcher Song war das denn jetzt nochmal?"

Doch ENNIO nun vorzuwerfen, er würde rein auf erfolgreiche Klangmotive vertrauen, wäre Quatsch. Selbst wenn er sich hier und da an Elementen bedient, kreiert er eigene Collagen, setzt Melodien und Lyrics in einen neuen Kontext und erschafft dadurch eine aufregende Wimmelbild-Collage.

Poesie pur

Schlaraffenland ist sowieso ein Werk zum Hinhören. ENNIOs Texte bieten unglaublich viel Tiefe und Emotion und resonieren mit unerträglich schönen Gefühlen, die wir alle schon erleben durften. Liebe, Schmerz, (Zukunfts-)Angst, Coming of Age, Freundschaft, Nostalgie – der Musiker verpackt all dies in empfindsamen Songtexten, denen du konzentriert lauschen solltest. Sie sind mit das Beste am Album.

Auf einmal hab' ich 'ne Vergangenheit
Wo sind all die Jahre hin?
Gestern lag ich noch mit dir zu zweit
Heute kennt mich nur der Wind
- Aus ENNIOs Song "Allein"

Dass ENNIO ein Meister darin ist, existenzielle Gefühle prima wiedergeben zu können, hat ihm schon mit dem Vorgängerwerk Nirvana den Ruf eingebracht, die Stimme seiner Generation zu sein. Wir würden gerne noch ein Stückchen weitergehen: ENNIO ist viel mehr die Stimme der Emotion. Ob jung, ob alt – jeder Mensch findet sich hier gut aufgehoben.

Leg dir auf jeden Fall die Lyrics der Songs zur Seite, wenn du dir Schlaraffenland anhörst. Es tut gut, nicht nur zu hören, sondern auch gehört zu werden.

Absolute Gänsehaut

Dabei sind es gerade ENNIOs Balladen auf Schlaraffenland, die kribbelnde Feuerwerke im ganzen Körper auslösen. Seine tiefe, raue Stimme gepaart mit Piano auf "Allein" ist pures ASMR – eine autonome sensorische Meridianreaktion, also ein Kribbeln, das auf der Kopfhaut beginnt und sich über den ganzen Körper. Wenn du also schon mal erfahren wolltest, wie es sich anfühlt, einen Popcorn-Anzug zu tragen, hörst du dir am besten einfach Schlaraffenland an.