KYTES: To Feel Something At All

KYTES: To Feel Something At All

Das Album der Woche

Von  Vitus Aumann
Zeitreisen müssen nicht immer in die Antike gehen - manchmal reicht auch 2013.

Ist man noch Musiker oder nur noch Content Creator?

Eigentlich eine dumme Frage: Kein Mensch macht doch Musik, um in einem zehn Sekunden Video mit ganz schön viel Cringe zu landen. Aber die Zeit steht halt auch nicht still: Platten kauft man hauptsächlich als Deko wegen dem coolen Cover und die Charts dominiert das, was grade in der digitalen Welt viral ging. Schon klar, dass sich da so manche*r schwer tut: Aber Indie Bands haben eigentlich immer schon die alte Rock'n'Roll-Romantik mit frischen neuen Ideen kombiniert.

KYTES zeigen, dass man auch in der TikTok-Ära noch die Musik machen kann, auf die man Lust hat - auch wenn man trotzdem die guten alten Zeiten vermisst.



Indie Disco-Ekstase

Man muss sich vielleicht schon ein bisschen zwicken, um mal die zeitlichen Dimensionen wieder klar vor Augen zu bekommen. Aber Heads and Tales, das Debüt der KYTES, darf mit seinen sieben Jahren schon auf einer Grundschulbank sitzen. Und wenn man die frühere Identität der Band auch noch dazuzählt, zählen KYTES fast schon zu den Indie-Veteranen. Kein Wunder, dass man da gerne einmal ein bisschen in die vermeintlich gute alte Zeit eintauchen will.

Und Bezüge zur Vergangenheit gibt es auf To Feel Something At All wirklich zu Hauf. Mit "Out Of Time" startet die Platte gleich mit einer Ode an die Zeitlosigkeit, voll mit blubbernden Synthies und Gitarrengeschredere, auf das Bloc Party stolz wären. Der Song zeigt auch gleich in welche Richtung und mit welcher Geschwindigkeit die Platte unterwegs ist: ziemlich flott nach vorne. Für To Feel Something At All haben sich die KYTES auf schnelle, nur so vor positiver Energie sprühende, Songs beschränkt. So entsteht eine Platte die man Zuhause nur auflegen muss, um vor dem geistigen Auge schon den Live-Abriss zu sehen.

KYTES ziehen mit ihrem Sound ohne Widerrede zurück in genau das Jahr, in dem die Tanzfläche der Indie Disco noch voll mit Menschen und guter Laune war.



Unangepasst durch die Zeit

Da hören die Blicke in die Vergangenheit aber noch lange nicht auf. "Younger" geht sogar bis in die Kindergartentage zurück und schildert die Bandgeschichte von der Rutsche über den Fußballplatz bis hin auf die großen Bühnen - inklusive Teenie-Romcom-Vibe und Blink-182 Referenz. Und "Mister Burns" greift auch nochmal in die Vergangenheit zurück: Nicht nur wegen "Ausgezeichnet", sondern weil der Song eben schon zu Blind Freddy-Zeiten existiert hat. Für To Feel Something At All hat der Song einen frischen Anstrich bekommen und feuert jetzt noch kompromissloser in die Tanzbeine.

Nur ein Beispiel wie die KYTES es schaffen, ihren alten Schwung mit frischen Ideen zu kombinieren. Natürlich machen die Münchner immer noch keine Musik für TikTok, aber sie verweigern sich auch nicht komplett: Sie bespielen die Plattform eben nach ihren ganz eigenen Regeln.

Zeit zurückdrehen funktioniert natürlich nirgends. Aber man kann das, was die Tage damals lebenswert gemacht hat, so gut es geht bewahren.



Tracklist: KYTES - To Feel Something At All

  1. Out of Time
  2. Deep Dive
  3. Deep End
  4. Up In My Mind
  5. Help Me
  6. Younger
  7. A Day And A Half
  8. Friend Of A Friend
  9. Mister Burns
  10. Chaos (feat. Graham Candy)
  11. Rapstar

To Feel Something At All von KYTES erscheint am 28. Juli 2023 via Frisbee Records

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