Phoenix: Alpha Zulu

Phoenix: Alpha Zulu

Das Album der Woche

Von  Vitus Aumann
Le Rock indépendant - C'est nous.

Stell dir mal vor du hättest eine Superkraft...

...und es kommt einfach keine Gelegenheit sie mal auszuprobieren. Nicht aus moralischen Gründen oder sowas: Die benötigte Situation trifft einfach nicht ein und man hat keine Chance mit seiner Superkraft anzugeben. Zugegeben: Ziemlich absurde Situation. In so einer befinden sich aber Phoenix wohl scheinbar gerade. Die haben sich damals in weiser Voraussicht einen Bandnamen mit Versicherung ausgesucht. Nach einer Trennung oder einem schlechten Album könnte man einfach locker wieder auferstehen – wie der Phönix aus der Asche eben.

Das einzige Problem: Phoenix haben sich bisher überhaupt nichts zu schulden kommen lassen – und auch die neue Platte Alpha Zulu ist wieder alles andere als ein schlechtes Album.


 

Französische Meisterköche

Normalerweise kommen Indiebands die sich kaum weiterentwickeln irgendwann in die Bredouille – auch das schönste Erfolgsrezept schmeckt nach dem fünften Aufkochen entsprechend fad. Aber Phoenix haben es immer bestens geschafft, diesem Problem aus dem Weg zu gehen. Sie wissen zum Beispiel auch ganz gut wie man seine Fans hungern lassen kann – das letzte Album Ti Amo liegt immerhin auch schon wieder mehr als Fünf Jahre zurück. Außerdem packen die Franzosen gerne mal so viele zuckersüße Sounds in ihre Songs, damit sich ja keine Abnutzungserscheinungen hörbar machen können.

"After Midnight" prescht mit Synthiebass und flotten Drums vor, während Gitarren und synthetische Riffs um die Ohren flackern. Vor allem das Zusammenspiel zwischen organischen Sounds und Computerklängen gelingt wirklich ausgesprochen gut. "The Only One" sorgt so für eine regelrechte Klangexplosion und "Artefact" klingt fast wie ein Song von the Strokes bei dem überraschenderweise alle Bandmitglieder mal nüchtern zum Aufnahmetermin aufgetaucht sind.

 

Versailles brennt nicht. Versailles tanzt

Man kann es sich wahrscheinlich schon denken, aber Phoenix haben für Alpha Zulu nicht gerade das Rad neu erfunden. Klar, es gibt kleine Experimente. Der Titeltrack zum Beispiel, mit seinem leicht skurrilen Singsang hat schon für etwas verwirrtes Tanzen gesorgt. Aber sonst bleibt Versailles' liebste Indieband bei den altbekannten Stärken.

Ist das schlimm so? Auf gar keinen Fall!

Denn der Charme ist trotzdem kein bisschen eingerostet. Man kann sich wunderbar in Alpha Zulu verlieren und sich locker tanzend zurück in die goldenen Indietage träumen. Besonders gut klappt das natürlich mit "Tonight", denn Phoenix haben sich tatsächlich mal zu einem Feature hinreissen lassen: Ezra Koenig, Kopf von Vampire Weekend darf mit Thomas Mars um die Wette singen und jedem Indiefan der Nuller Jahre gehörig den Kopf verdrehen. Alpha Zulu lässt sich also nicht zu einer unnötigen Revolution hinreißen, sondern setzt auf alte Stärken mit leicht verfeinertem Twist.

Wenn Phoenix so weitermachen, werden wir also nie mitbekommen, ob sie das mit der Wiedergeburt auch so locker hinbekommen – aber das ist wohl für alle Beteiligten verschmerzbar.

  • Phoenix: Alpha Zulu
    Das Album der Woche



Tracklist: Phoenix - Alpha Zulu

  1. Alpha Zulu
  2. Tonight (feat. Ezra Koenig)
  3. The Only One
  4. After Midnight
  5. Winter Solstice
  6. Season 2
  7. Artefact
  8. All Eyes on Me
  9. My Elixir
  10. Identical

Alpha Zulu von Phoenix wurde am 04. November 2022 via Glassnote Entertainment veröffentlicht.

Design ❤ Agentur zwetschke