So trostlos klangen sie noch nie – und so gut schon lange nicht mehr.
Was wohl ein Höhlenmensch sagen würde, wenn er oder sie mal durch einen kosmischen Zwischenfall ins antike römische Reich transportiert würde?
Wahrscheinlich wäre er oder sie ganz schön beeindruckt von den prächtigen Bauten, dem Kolosseum, dem Circus Maximus, dem Pantheon. Aber wahrscheinlich auch ganz schön verstört: Vom Exzess, der Völlerei und davon, wie sich ein scheinbar so fortschrittliches Reich zugrunde richten kann.Klingt absurd? Schon klar, auf solche Gedanken kommt man auch wirklich nur, wenn man das neue Album der Queens of the Stone Age hört.
Denn In Times New Roman… hat ziemlich gar nichts mit der Schriftart zu tun - aber mit dem Niedergang von Dingen schon so einiges mehr.
Die Würfel sind noch nicht ganz gefallen
Ganz so mies wie dem römischen Reich am Ende ging es den Queens of the Stone Age jetzt zwar nicht: Aber Josh Hommes Truppe musste die letzten Jahre schon eine gute Menge leiden. Nach dem ziemlich genialen …Like Clockwork schafften sie dann nur ein dann doch irgendwie relativ egales Villains nachzuschieben. Außerdem ließ sich Josh zu einer mehr als dämlichen Aktion auf der Bühne hinreißen – etwas zu viel für eine Band, die sich ursprünglich mal augenzwinkernd als der Gegenentwurf zur testosterongeschwängerten Machoband gesehen hat.Kaum denkbar, aber privat lief es dann bei Josh sogar noch schlimmer: Enge Freunde und ehemalige Bandmitglieder starben, er selbst musste sich mit lebensbedrohlichen Diagnosen herumschlagen und dazu kam auch noch ein über alle Maßen ätzender Scheidungskrieg, der zu allem Übel auch noch komplett vor allen Augen ausgetragen werden musste.
Keine große Überraschung, dass sich Josh da nach der scheinbar sonnigen Vergangenheit gesehnt hat – und so soll In Times New Roman… jetzt die große Wiederauferstehung werden.
Eine Rockband, die der eigenen Jugend hinterherläuft – das ist sonst ganz gerne mal ein Rezept fürs Desaster. Aber dem gehen die Queens of the Stone Age zum Glück aus dem Weg: Spätestens wenn im "Paper Machete" Refrain die Gitarre aufheult ist das alte Gefühl wieder da. Der Gitarrensound kratzt auf angenehme Art und Weise im Gehörgang, die Drums stampfen kompromisslos dazu und Josh Gesang schafft es wie zu besten Zeiten irgendwie flehend aber doch wuchtig zu klingen. Der kurze Seitensprung auf Mark Ronson Tanzfläche ist vorbei – hier wird wieder in den Moshpit eingeladen. Damit geht zwar auch diese Unvorhersehbarkeit verloren, die …Like Clockwork zum Meisterwerk gemacht hat, aber es tut trotzdem gut von den Queens wieder so geradlinig beschallt zu werden.
Angstmosphäre
Denn Wut und Frust steckt natürlich auch zur Genüge in der Platte: Josh Homme nutzt die Textzeilen ausgiebig zur Selbsttherapie. Wut, Frust und Trauer wechseln sich ab, wenn er relativ eindeutig auf seine Scheidung anspielt und auf "Obscenery" bekommt auch die sensationsgeile Zuschauer*innenschaft eine mit. Wirklich bedrückend wird es dann, wenn Josh in "Negative Space" über seine Begegnung mit dem Tod schreibt. Kein Wunder, dass die Platte fast nach der ersten Single "Emotion Sickness" benannt wurde, bei allem düsteren Gefühlswirrwarr.Die ganzen Wortspiele, die nicht nur in den Texten und Titeln wie "What The Peephole Says", "Carnavoyuer" oder "Obscenery" auftauchen, wirken fast schon wie der trotzige Versuch, sich von der trostlosen Zeit nicht auch noch das Lachen wegnehmen zu lassen. Aber die große Stärke der Platte ist es eben dem ganzen Frust zwar Raum zu geben, aber die Fans damit eben nicht zu erdrücken. Weil die Gitarren immer den richtigen Wumms mitgeben und Josh immer einen hanebüchenen Neologismus parat hat.
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