Roosevelt: Polydans

Der Lieblingstonträger der Woche

Eine Liebeserklärung an die Clubs - in einer Zeit, in der wir sie so sehr vermissen.

Kann man eigentlich auch unerfreuliche Jahrestage feiern?

Die Frage kommt nicht ganz unbegründet: Seit ziemlich genau einem Jahr sind die Clubs zugesperrt, die Konzerthallen leer und die Festivalbühnen verwaist. Aber konstantes Trübsal blasen macht ja auf die Dauer auch keinen Spaß. Also warum nicht einfach mal den traurigen Anlass ins Positive umdrehen und das Jubiläum mit einem ausgelassenen Rumgetanze in den eigenen vier Wänden feiern?

Der perfekte Soundtrack dafür ist auch gerade frisch rausgekommen: Roosevelt präsentiert sein drittes Album Polydans.

Roosevelt - Polydans

Der Lieblingstonträger der Woche

Getanzte Vielseitigkeit

Der Albumtitel klingt zwar etwas kryptisch (oder auch wie eine belgischen Tanzschule) aber Polydans fasst perfekt zusammen worum es hier geht: Das Dans steht natürlich fürs Tanzen und Poly für die Vielseitigkeit.

Denn für sein drittes Album hat sich Marius Lauber keine Grenzen gesetzt und in jede Richtung experimentiert. Die Tanzmusik darf aus allen Blickwinkeln erkundet werden.

Das ist schon ein ziemlicher Unterschied zum Vorgänger Young Romance, bei dem jeder Song noch in so einer gewissen Spätsommermelancholie gekleidet war. Polydans springt stilistisch und stimmungsvoll deutlich weiter hin und her: Der mit Synthies aufgeladene Opener "Easy Way Out" treibt so stark an, dass er wahrscheinlich auch der perfekte Titelsong für eine Science Ficion-Serie über Teenagerdetektiv*innen im Weltraum sein könnte. "Strangers" fährt gleich danach die BPM Zahl deutlich nach unten und verzaubert dafür mit funkigen Gitarrenriffs.

"Lovers" traut sich dann ein kleines bisschen in Pet Shop Boys-Schmalz abzudriften und "See You Again" darf dann auch mal die eigene Vergangenheit zitieren und erinnert an die ganz frühen Roosevelt EPs. Jeder Song probiert etwas anderes, nur eines bleibt gleich: Jede Nummer auf Polydans macht einfach nur Lust darauf, wild mitzutanzen.

Polydans ist eine Liebeserklärung an die Tanzmusik – vom wahrscheinlich größten Fan des Genres überhaupt.

Den wohl besondersten Moment hat sich Roosevelt für den Schluss aufgehoben, aber gleichzeitig auch schon als erste Single vorgestellt: In "Sign" verliert sich der Kölner nicht nur komplett in elektronischen Klängen, sondern auch in einem Gefühl der Orientierungslosigkeit – Ein ziemlicher Ausreißer aus der sonst so gut gelaunten Platte und nicht nur deswegen ein richtiges Highlight.

Getanzte Verdrängung

Erst ist es ein kleines bisschen merkwürdig, dann aber richtig befreiend mal wieder ein Album zu hören, das den Lockdown und den ganzen Wahnsinn darum herum komplett ignoriert. Polydans wurde zwar definitiv für den Club und die Festivalbühnen geschrieben, es braucht diese aber nicht um zu funktionieren:

Es ist eine Platte, die zumindest für gute 40 Minuten alle Lockdowngefühle verdrängen und die Sehnsucht nach durchgefeierten Konzert oder Clubnächten ein kleines bisschen lindern kann.

Tracklist: Roosevelt - Polydans

01 Easy Way Out
02 Strangers
03 Feels Right
04 Closer to My Heart
05 Montjuic
06 Forget
07 See You Again
08 Lovers
09 Echoes
10 Sign

Roosevelt: Polydans