Killer Mikes und El-Ps viertes Album trifft schmerzhaft präzise den Zeitgeist.
"Fuck It – Why Wait? The World is infested with bullshit so here’s something raw to listen to while you deal with it all"
Mit diesen Worten haben El-P und Killer Mike ihre vierte Platte als Run the Jewels auf die Welt losgelassen – zwei Tage früher als geplant, aber genau pünktlich in die politisch aufgeladenste Zeit seit langem. RTJ4 soll in diesen turbulenten Tagen gleichzeitig ablenken und den Finger noch tiefer in die Wunde legen. Und genau das gelingt Run The Jewels mal wieder in brillanter Manier.
Mit dem besten Freund durch die Zeitgeschichte
Wer die ersten drei Alben von Run The Jewels mochte, findet sich auch beim vierten Ableger sofort wieder zurecht: Die beiden Rapper harmonieren immer noch herausragend gut und die Beats gehen nach wie vor kompromisslos mitten ins Gesicht. Und genau wie bei beim Vorgängeralbum Run The Jewels 3 ist den beiden kein gesellschaftliches Thema zu brisant.Das nordamerikanische Duo wandelt bei RTJ4 ziemlich fließend zwischen überzeichneter Fiktion und gnadenloser Realität hin und her.
Im ersten Song verwandeln sich El-P und Killer Mike in das fiktive Actionserien-Duo "Yankee and the Brave" und rappen sich durch eine explosive Verfolgungsjagd. Aber spätestens bei der Hälfte der Platte wird der Schalter umgelegt:
"Walking in the Snow" ist ein Song, der im letzten Herbst über Polizeigewalt gegen Schwarze geschrieben wurde – absolut gruselig, wie genau der Text jetzt auch zur aktuellen Situation passt.
Der Stimmungswechsel zeigt sich auch im Sound der Platte: RTJ4 wird in der zweite Hälfte deutlich düsterer und der Tonfall der Rapper wird spürbar zorniger. Trotzdem gibt es keinen harten Stilbruch: Die Songs fließen meisterhaft ineinander über, wie bei einem guten Mixtape.
Auch die Gastmusiker fügen sich perfekt in RTJ4 ein. In "ooh la la" würdigen Run The Jewels zusammen mit Greg Nice und DJ Premier noch die goldene Ära des Hip Hops. Später, in der zornigeren Phase des Albums, darf Rage Against The Machine Stimme Zak de la Rocha mal wieder wutentbrannte Schreie auf "JU$T" loslassen.
Dass der Sänger der hochpolitischen Rapmetal Band gut zum Run The Jewels Sound passt, war natürlich irgendwie klar, aber auch Künstler*innen aus anderen Genres tauchen auf der Platte auf.
In "pulling the pin" bringt Soul-Ikone Mavis Staples ihre unvergleichliche Stimme in den Refrain ein, während Queens of the Stone Age Mastermind Josh Homme sanfte Backingvocals und Gitarrentöne beisteuert.
Aus Spaß wird Ernst
Run The Jewels war ursprünglich mal das Projekt zweier Rapper, die einen spaßigen Ausgleich neben ihren etablierten Karrieren gesucht haben. Nichts wurde übermäßig ernst genommen und trotzdem – oder vielleicht sogar deshalb – ging das Projekt durch die Decke. Jetzt pendeln Run The Jewels zwischen brachialem Spaß, ernsthafter Gesellschaftskritik und auch persönlichen Momenten. Im letzten Song ringt Killer Mike mit seinem Leben zwischen Karriere, politischem Aktivismus und seiner Familie und bringt RTJ4 so zu einem herausragenden Finale. Run The Jewels haben sich als Künstler zwar nicht neu erfunden, aber Album Nummer vier baut die Stärken der beiden weiter aus und es kommt genau zum richtigen Zeitpunkt:
RTJ4 ist ohne Zweifel die Musik, die man jetzt gerade intensiv hören sollte!
Und damit das auch jede*r, der mag, kann, haben El-P und Killer Mike ihr Album zum Freedownload ins Netz gestellt. Mehr Infos zur Vorgeschichte kannst du hier nachlesen.
Tracklist: Run The Jewels - RTJ4
01. yankee and the brave (ep.4)02. ooh la la (feat. DJ Premier & Greg Nice)
03. out of sight (feat. 2 Chainz)
04. holy calamafuck
05. goonies vs. E.T.
06. walking in the snow
07. JU$T (feat. Pharrell Williams & Zack de la Rocha)
08. never look back
09. the ground below
10. pulling the pin (feat. Josh Homme & Mavis Staples)
11. a few words for the firing squad (radiation)
RTJ4 ist am 03. Juni bei Jewel Runners / BMG erschienen.
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