Sufjan Stevens: The Ascension

Sufjan Stevens: The Ascension

Der Lieblingstonträger der Woche

Mit seinem neuen Album schickt der Künstler Grüße vom Todesstern. Quasi.

Etwas liegt in der Luft. Bedrohlich und mächtig scheint es über uns zu schweben, die ganze Welt in eine Art Schatten zu tauchen. Auf seinem neuen Album The Ascension erforscht Sufjan Stevens dieses Wesen, das es uns so schwer macht, glücklich zu sein.

Sein letztes und persönlichstes, Carrie & Lowell, liegt mittlerweile fünf Jahre zurück. Damals ging es um die Beziehung seiner Eltern und seine Beziehung zum Stiefvater, ganz in verwundbaren, reduzierten Folk gehüllt. 

Von Folk zu Industrial 

Musikalisch ist der legitime Nachfolger (dazwischen folgten andere Stand Out-Projekte) kaum wiederzuerkennen. Eine Synthie-Schicht legt sich schwer auf die andere, es knarzt, holpert und quietscht. Es liegt ein metallener Industrial-Flair auf dem Album.
Der Großteil dieser Musik entstand am Laptop in Eigenregie. Jetzt muss man sagen, dass es nicht Sufjans erste experimentelle Schritte auf elektronischem Terrain sind. Schon das Album The Age Of Adz von vor zehn Jahren benutzt ähnliche Elemente. Und auch die Laufzeit ist mit über 75 Minuten sehr vergleichbar.

75 Minuten Abrechnung 

Der Klang passt zum Inhalt. The Ascension verfolgt ein Konzept.

Sufjan rechnet so ein bisschen mit dem Zustand der Welt ab. Hinterfragt seine eigene Beziehung zu Gott und seinem christlichen Glauben. Er erhebt Anklage gegen sein Heimatland USA und die schlimme Entwicklung der letzten Jahre dort – die erste Single "America" ist ein zwölfminütiges Manifest.

 
Auf dem Song "Death Star" singt er:  
"Death Star in the space, watching over human race, expert on the judgement day." 

Der Song hat nicht nur den auffälligsten Techno-Einfluss sondern fordert ganz klar: Alles an unserem Weltbild muss auseinanderklabüsert und hinterfragt werden. Kein Stein darf mehr auf dem anderen bleiben. So kann es mit dem Planeten nicht weitergehen. Jedes Individuum hat entweder die Möglichkeit mit- oder halt Platz zu machen.

Apokalyptisch, sarkastisch und bitter

Die Welt hat uns verändert. Auch Sufjan ist sarkastischer, bitterer und wütender geworden, das hört man mit jeder Silbe. Trotzdem gibt er nicht auf, er mobilisiert, ruft zur Rebellion auf. Denn wenn wir uns nicht alle bald mal am Riemen reißen ist diese Welt dem Untergang geweiht. Der Todesstern wartet nur auf sein Kommando.

The Ascension ist ein forderndes Album. 

Du wirst mehrere Durchläufe brauchen, um dich ans Klangbild zu gewöhnen und zum Text durchzudringen. Doch es ist auch ein total fesselndes Album, das den Facettenreichtum eines beeindruckendes Künstlers zeigt und vielleicht ja sogar den letzten Anstoßstein Richtung bessere Zukunft gibt.  



Tracklist: Sufjan Stevens - The Ascension 

01 Make Me An Offer I Cannot Refuse 
02 Run Away With Me 
03 Video Game 
04 Lamentations 
05 Tell Me You Love Me 
06 Die Happy 
07 Ativan 
08 Ursa Major 
09 Landslide 
10 Gilgamesh 
11 Death Star 
12 Goodbye To All That 
13 Sugar 
14 The Ascension 
15 America

The Ascension wurde am 25. September 2020 über Asthmatic Kitty Records veröffentlicht.

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