"Kinder haben ein Recht auf Privatsphäre"

"Kinder haben ein Recht auf Privatsphäre"

Warum Kinderrechte auch auf Social Media gewahrt werden sollten

Von  Gloria Grünwald
Ist es gefährlich, Fotos und Videos deiner Kinder ins Netz zu stellen? Wer legt fest, wie viel Privatsphäre Kinder bekommen? Sara Flieder hat dazu eine eindeutige Meinung und schlägt Alarm. Warum, hat sie uns im Interview erzählt.

Nettes Hobby oder gefährliche Kindervermarktung im Netz?

Wir haben sie alle schon mal im Internet gesehen: Videos von Kindern, die das erste Mal in eine Zitrone beißen und dann lustige Grimassen schneiden, weil sie so sauer schmeckt. Erster Gedanke: Mega süß oder? Was aber, wenn jeder einzelne Schritt des Kindes auf Social Media öffentlich gezeigt wird – und die Eltern damit auch noch Kohle machen? Darüber haben wir mit Sara Flieder gesprochen, die sich für die Rechte von Kindern im Netz einsetzt. Sie ist Soziologin und Politikwissenschaftlerin, und hat eine klare Meinung zum Thema Eltern-Influencer, beziehungsweise sogenannte Momfluencer. In ihren Augen werden die Rechte der Kinder häufig nämlich massiv verletzt:
"Kinder haben laut der UN-Kinderrechtskonvention das Recht auf Privatsphäre und die wird enorm dadurch gestört, dass die Kinder einfach präsentiert werden im Internet und dass man sozusagen alles über ihr Privatleben weiß über ihre intimsten Momente und über ihre Kinderzimmer und genau, das finde ich tatsächlich ist ein großes Problem." - Sara Flieder

Durch die ständige Präsenz auf Social Media, sei es in Bildern oder Videos, verlieren Kinder ihr Recht auf Privatsphäre. Sara bezieht sich hier auf das Recht am eigenen Bild, das auch für Kinder gilt und warnt vor den Gefahren, dass Bilder in falsche Hände geraten oder für ungewollte Zwecke verwendet werden könnten.

Das komplette Interview mit Sara kannst du dir hier anhören:
  • Kritik an Momfluencer
    Soziologin und Politikwissenschaftlerin Sara Flieder im Interview


Kinderfotos im Netz: Kritik an Eltern-Influencern, Agenturen und Firmen

Saras Kritik richtet sich nicht nur an Momfluencer und Dadfluencer selbst, sondern auch an Agenturen und Firmen, die diesen Content kommerziell nutzen. Sie beschreibt die Problematik so:
"Es ist ein richtiger Markt geworden, seine Kinder zu verkaufen im Internet, und es ist ja auch so, dass Kinderbilder einfach immer viel besser klicken. […] Deswegen machen natürlich Influencer das nicht [Kinder rauszunehmen], dann gibt es Agenturen, die sich genau darauf spezialisiert haben." - Sara Flieder

Sie fordert zudem mehr Verantwortungsbewusstsein von Social-Media-Plattformen wie YouTube, die bereits Regeln zum Schutz von Kindern haben, diese aber nicht konsequent durchsetzen.


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Moralische Verantwortung der Eltern

Für Sara steht der Schutz der Kinder im Vordergrund. Sie selbst hat als Mama von zwei Kindern alle Fotos ihrer Kinder aus den sozialen Medien entfernt, nachdem sie sich intensiv mit dem Thema beschäftigt hat:
"Ich möchte nicht, dass meine Kinder ungefragt im Internet landen und man weiß tatsächlich auch nicht, wo die Bilder am Ende landen können. […] Es kann auch sein, dass sie im Darknet landen oder dass sich Leute Screenshots davon machen." - Sara Flieder

Sara appelliert an die moralische Verantwortung der Eltern, sich zu fragen, warum sie solche Inhalte posten und wie sie sich selbst in einer ähnlichen Situation fühlen würden:
"Viele Eltern schreiben ins Internet, mein Kind hat Durchfall, das hat die ganze Nacht durchgekotzt, […] meine Chefin würde halt niemals eine Mail schreiben mit 'Sarah kommt heute nicht, sie hatte Durchfall.' " - Sara Flieder

Die Verletzung der Privatsphäre der Kinder kann langfristige Folgen haben. Daher fordert Sara ein Umdenken im Umgang mit Kinderfotos und privaten Informationen im Netz. 

Kinder besser schützen

Um Kinder besser zu schützen, hat Sara eine Petition gestartet, die bereits mehr als 50.000 Unterschriften gesammelt hat. Sie fordert unter anderem:
  • Strengere Gesetze: Sara verweist auf die UN-Kinderrechtskonvention, die in Deutschland jedoch nicht im Grundgesetz verankert ist. Sie schlägt vor, strengere Rahmenbedingungen zu schaffen, wie zum Beispiel in Frankreich, wo das Einkommen von Kinder-Influencer*innen auf ein Sperrkonto geht.
  • Verbot privater Informationen: Private Informationen wie Wohnort, Krankheiten oder schulische Details sollten nicht ins Netz gestellt werden.
  • Awareness schaffen: Eltern müssen besser über die Risiken aufgeklärt werden und Firmen sollten verantwortungsbewusster mit solchen Inhalten umgehen.

Sara ruft dazu auf, dass sich nicht nur Eltern, sondern auch Agenturen, Firmen und Plattformen ihrer Verantwortung bewusst werden und den Schutz der Kinder an oberste Stelle setzen.



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