Mehr Pfand fürs Land

Mehr Pfand fürs Land

Meinung: Warum unser Pfandsystem noch ausgeweitet werden sollte

Bekommt man Menschen dazu, gewissenhafter zu recyceln, wenn wir einfach alles Pfand hat?

Recycling aus gutem Willen allein funktioniert nicht

Während schon allein der festmontierte Deckel an Trinkflaschen aktuell noch für Aufreger sorgt, finde ich ehrlich gesagt, dass wir ruhig noch einen Schritt weiter gehen sollten – und vielleicht auch müssen. Wir wissen schon seit Jahren, dass wir ein Müllproblem haben, insbesondere mit Plastik. Wird’s besser? Können wir es mit gutem Willen und Unverpackt-Läden allein lösen? Nein, offensichtlich nicht. Um das Müllproblem zu lösen, sollten wir vielleicht dort hingehen, wo’s wirklich weh tut – ans Geld.

Zugegeben: Recyceln ist einfach verdammt kompliziert

Wer sich mal mit dem Thema auseinandergesetzt hat, stellt schnell fest, dass das mit Recycling alles ziemlich wirr ist. Es gibt unzählige Symbole, Farben, Regeln und Ausnahmen, die jetzt nicht unbedingt ermutigen, alles kleingenau zu recyceln. Klar, manchmal ist das auch wichtig, weil man in bestimmten Bereichen des Lebens einfach auch bestimmte Materialien braucht, mit denen man dementsprechend anders umgeht. Aber im Alltag, im Hausmüll? Selbst da ist es nicht immer so leicht, alles immer in die richtige Mülltonne zu packen.


Zudem bleibt dann immer die Frage, was genau dann hinter dem klangvollen "Recycling" steckt.

In Deutschland wurde 2023 immer noch die Hälfte unserer Plastikprodukte verbrannt, vom Rest wird ein Großteil dann ins Ausland verfrachtet (nachdem man sich natürlich die leicht recycelbaren Plastikmüll-perlen herausgepickt hat, mehr dazu im Plastik Atlas). Die Recycling-Lüge ist zwar noch mal ein gaaanz anders Thema, aber macht schnell klar – so einfach ist das Thema Recycling generell nicht. Könnte denn die Ausweitung des Pfandsystems das umweltfreundlicher vereinfachen – für Verbraucher*innen und Wirtschaft?

Durch Anreize könnte das Müllsortieren besser funktionieren

Beim Pfand sieht man das ja tatsächlich schon ganz gut – die 25 Cent einfach so in den Restmüll zu hauen, tut dann doch ein bisschen weh. Auch in den Statistiken ist erkennbar, dass die Menschen generell offen für eine Ausweitung des Pfandsystems sind – nicht nur auf Mehrwegverpackungen. Aber egal, ob es nun nur 8 Cent sind (Mehrweg-Bierflasche) oder mehr – ich hab noch nie jemanden gesehen, der*die Pfandflaschen einfach in den Müll haut (wenn dann gehört Pfand sowieso daneben, damit sich Menschen beim Sammeln nicht verletzen). Warum gibt’s dann eigentlich nur Geld für Flaschen und Gläser? Warum nicht auch für zum Beispiel Papier und Pappe? Oder Marmeladengläser?


Historisch – was kann man noch verpfänden?

Wir waren Altstoffsammlung- und Pfand-technisch ja sogar schon mal etwas besser unterwegs. Zu DDR-Zeiten gab’s zum Beispiel das sogenannte SERO-System. SERO steht für Sekundär-Rohstofferfassung (oder umgangssprachlich Altstoffe). Dadurch, dass man für die Abgabe von getrennten Müll Geld bekam, wurde tatsächlich mehr recycelt. Es gab flächendeckend Annahmestellen, sodass fast die Hälfte des Hausmülls durch SERO recht effizient recycelt wurde, schließlich wurde ja schon zu Hause von Hand vorsortiert. Aufgekauft wurden Altglas (Flaschen und Gläser, praktischerweise in Einheitsgrößen), Altpapier, Textilabfälle und Schrott aus Metall.

Oft haben sich übrigens Kinder ihr Taschengeld aufgebessert, indem sie zum Beispiel bei den Nachbar*innen das Altpapier abholten und dann an den Annahmestellen abgaben. Eine Win-Win-Situation eigentlich, warum die Idee also nicht wieder aufleben lassen? Hier kannst du dir das System der DDR noch mal genauer in einer kleinen Doku erklären lassen:


Rohstoffe sind eh knapp

Wir sollten nicht nur für die Umwelt mehr recyceln, sondern auch für uns, denn uns gehen langsam aber sicher einige Rohstoffe aus. Vieles davon haben wir gar nicht so auf dem Schirm – Sand und Kies werden zunehmend knapp, oder auch das in zum Beispiel Batterien enthaltene Kobalt wird rar. Würden Batterien fachgemäß entsorgt werden, könnte man tatsächlich sehr viel recyceln und wiederverwenden. Allerdings wird aktuell nur ungefähr die Hälfte der Batterien so recycelt, dass man die knappen Rohstoffe tatsächlich wieder verwenden könnte. Das ist nicht wirtschaftlich schlecht, sondern auch für die Umwelt fatal – schließlich enthalten Batterien ziemlich viele Schadstoffe, die nicht einfach so im Restmüll landen dürfen. Würden wir auch für Batterien ein Pfandsystem einführen, würden sie mit großer Wahrscheinlichkeit nicht so gedankenlos weggeworfen werden. 

Trotz allem – Deutschland ist Vorreiter

Bei der Plastiksammelquote in Ländern mit Pfandsystem liegt Deutschland in Europa jedenfalls aktuell auf Platz eins. Aber auch in Kroatien, den Niederlanden oder Finnland wird schon ordentlich Plastik gesammelt und recycelt – dank ausgeklügeltem Pfandsystem. Viele Länder haben dagegen gar kein Pfandsystem oder mehrere verschiedene. In Frankreich erheben zum Beispiel einzelne Brauereien ihr eigenes Pfand, in den USA ist es von Bundesstaat zu Bundesstaat unterschiedlich. Hier es bräuchte also zunächst ein flächendeckendes und einheitliches Pfandsystem. 

Mit Pfand zur Kreislaufwirtschaft

Letztlich ist es wieder Aufgabe der Politik und der Unternehmen sicherzustellen, dass wir mehr recyceln – und das geht meiner Meinung nach eben nur mit entsprechenden Anreizen und Regelungen. Denn ja, Recycling ist kompliziert und ein flächendeckendes System nicht von heute auf morgen umsetzbar – trotzdem hat die Geschichte gezeigt, dass es sehr wohl funktionieren kann und ein großer Hebel im Kampf gegen das weltweite Müllproblem sein kann. Also bitte – mehr Pfand fürs Land!



Noch besser als Recycling ist natürlich die generelle Vermeidung von Müll. Und klar ist auch, dass wir nur mit einer Ausweitung des Pfandsystems nicht von heute auf morgen unser Müllproblem verschwinden lassen - aber es ist ein Anfang. Ganz allgemein ist das Thema super umfangreich und dieser Artikel ist mehr ein genereller Denkanstoß oder vielleicht eine Inspiration. Hier sind wir schon mal mehr ins Thema eingestiegen:

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