Gibt es Rassismus gegen Weiße?

Gibt es Rassismus gegen Weiße?

Dr. Natasha A. Kelly beantwortet deine Fragen

Dr. Natasha A. Kelly beantwortet jede Woche eine Frage aus der egoFM Community zum Thema Rassismus. Diese Woche: Gibt es Rassismus gegen weiße Menschen?

Natasha ist Afrofuturistin, promovierte Soziologin, Kommunikationswissenschaftlerin, Autorin, Kuratorin, Künstlerin und Mutter. Im Februar hat sie bereits anlässlich des Black History Months mit egoFM Gloria gesprochen - das Interview findest du hier

Bis zum 30. Juni hattest du die Möglichkeit, deine Fragen rund um das Thema Rassismus zu stellen und ab jetzt kommen von Natasha wöchentlich die Antworten.



Gibt es Rassismus gegen weiße Menschen?

Gleich zu Beginn: Nein, gibt es nicht! Rassismus ist eine aus Ungleichheit entstandene Ideologie, bei der Weiße in der Machtposition sind. Rassismus kann also grundsätzlich nicht umgekehrt werden. Oder anders gesagt: 

Rassismus gegen Weiße könnte es nur dann geben, wenn die Jahrhunderte der Versklavung und Kolonialisierung umgekehrt werden würden und nicht afrikanische Menschen und ihre Ressourcen beraubt würden, sondern Europäer*innen. 


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Wenn weiße Menschen an Orten, an denen sie in der Minderheit sind, benachteiligt werden, handelt es sich um die Benachteiligung einer Minderheit, nicht um Rassismus. Und wenn Schwarze gegenüber Weißen Vorurteile oder Stereotype haben, sind das Vorurteile und Stereotype und kein Rassismus. Denn wie gesagt: Bei Rassismus geht es nicht um isolierte Handlungen zwischen einzelnen Menschen, sondern um die Machtstrukturen, die hinter den Handlungen stehen. Deswegen spricht man auch von strukturellem Rassismus, mehr dazu erfährst du hier. 

Rassismus ist eine Form der Diskriminierung

Andere Formen der Diskriminierung, wie zum Beispiel Homophobie, Ableismus oder Sexismus, können auch gegen weiße Menschen gerichtet sein. Diese Unterscheidung zwischen Rassismus und anderen Formen der Diskriminierung ist aber enorm wichtig, da es ganz gezielt Lösungen braucht, die den Betroffenen zu Gute kommen. Und Menschen, die von Rassismus betroffen sind, brauchen andere Lösungen als Menschen, die von Homophobie betroffen sind.

Weiße Privilegien

Interessant ist, dass weiße Menschen den Vorwurf des umgekehrten Rassismus meist genau dann ins Spiel bringen, wenn sie sich mit ihren eigenen Privilegien auseinandersetzen müssten. Wenn es aber zum Beispiel um eine Quote für Schwarze an Universitäten oder in der Arbeitswelt geht, ist das kein Rassismus gegen Weiße, sondern der Versuch, gegen strukturellen Rassismus anzukämpfen. Anstatt dass weiße Menschen bei solchen und ähnlichen Situationen also von umgekehrten Rassismus sprechen, sollten sie sich fragen, welche weißen Privilegien eigentlich dahinter stehen. 

Und dass weiße Menschen Privilegien besitzen, heißt nicht, dass das Leben von Weißen nicht hart sein kann, sondern nur, dass ihr Leben aufgrund der Hautfarbe nicht noch härter wird.

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