Pünktliche Züge und kostenloser ÖPNV

Pünktliche Züge und kostenloser ÖPNV

Was wir in Sachen Mobilität noch von anderen Ländern lernen können

Schlechte ÖPNV-Anbindungen, fehlende Radwege und verspätete Züge lassen unsere Gemüter schnell hochkochen und sind ein dankbares Thema, um sich kollektiv aufzuregen - schlechte Erfahrungen hat da jede*r schon gemacht. Aber wie läuft das eigentlich in anderen Ländern und was könnten wir uns davon abschauen?

Prag: Senioren über 70 fahren kostenlos

Prag hat sich etwas ganz Besonderes ausgedacht: Hier dürfen Senior*innen ab 70 kostenlos den Nahverkehr nutzen. Das gilt nicht nur für die U-Bahn, sondern für sämtliche Mobilitätsangebote – also auch für die Fähren auf der Moldau oder die Seilbahn auf den Petřín-Hügel.

Dafür benötigen die über 70-Jährigen nur einen Ausweis, den sie sich in jedem Informationszentrum der Prager Verkehrsbetriebe direkt ausstellen lassen können. Dafür braucht es nur ein Passfoto und 20 Kronen (was im Moment ungefähr 80 Cent sind).

Niederlande: Fahrradwege

In Amsterdam – so wie in den gesamten Niederlanden – ist das Fahrrad DAS Fortbewegungsmittel. Das liegt vor allem auch an dem Netz von Fahrradwegen, dass sich durch ganz Amsterdam zieht und eine Gesamtlänge von 500km hat. Neben allen Straßen, Kanälen und Parks führen Radwege entlang und verbinden so die ganze Stadt.

In Amsterdam soll es mehr Fahrräder als Einwohner*innen geben und 40% der gesamten Fortbewegung findet auf dem Rad statt. Auch, wer nur zu Besuch ist, kann sich leicht anpassen und die Stadt auf dem Rad erkunden, denn in Amsterdam gibt es unzählige Möglichkeiten, Fahrräder zu mieten: Zur Auswahl stehen dabei für einen durchschnittlichen Tagespreis zwischen acht und zehn Euro unter anderem City-Bikes, Tandems, Kinderräder, Lastenräder und E-Bikes.
 

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Von den vielen und guten Radwegen könnten sich auch so einige Städte in Deutschland mal ein Scheibchen abschneiden.

China: Magnetschwebebahn

Magnetschwebebahnen können durch ihre Technik schnell beschleunigen, erreichen hohe Geschwindigkeiten und können sogar Steigungen fahren. Der Transrapid Shanghai ist eine Magnetschwebebahn, die nach 3,5 Minuten ihre Höchstgeschwindigkeit von 430 km/h erreicht. 2004 wurde sie als fahrplanmäßig schnellstes spurgebundenes Fahrzeug der Welt zur Anbindung des Flughafens Pudong aufgenommen und seit 2016 verkehrt der Changsha Maglev Express zwischen der Stadt Changsha und ihrem Flughafen.

Die dritte kommerzielle Transrapidstrecke in China wurde am 30. Dezember 2017 im Westen Pekings eröffnet, wo sie als S1 zwischen Jinanqiao und Shichang 7 Haltestellen mit maximal 105 km/h verbindet.

Japan: Pünktlichkeit und Ordnung

Japan ist bekannt für seine pünktlichen Züge – Abweichungen zum Fahrplan werden (anders als in Deutschland) in Sekunden gemessen. Wie ist das möglich, obwohl dort so viele Menschen den ÖPNV nutzen?

Es gibt Angestellte, die darauf achten, dass an den Stationen die Ein- und Aussteigezeiten möglichst gering sind (zwischen 30 und 60 Sekunden). Außerdem gibt es Warteschlangen und entsprechende Bodenmarkierungen, um Staus an den Türen zu reduzieren, das sieht dann zum Beispiel so aus:

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Ähnlich läuft es auch bei den Fernverkehrszügen, den Shinkansen, die eine Höchstgeschwindigkeit von bis zu 320 km/h erreichen. Seit Jahrzehnten baut die japanische Regierung ihr Netz mit den schnellen Shinkansen-Zügen aus und setzt dabei weltweit Maßstäbe für Pünktlichkeit und Tempo.

Mehr Markierungen und Symbole, an die sich die Fahrgäst*innen halten, um kooperativ für die Pünktlichkeit der Züge einen Beitrag zu leisten, wäre auch in Deutschland eine gute Sache.

Luxemburg: Kostenloser ÖPNV

Luxemburg hat am 29. Februar 2020 als erstes Land der Welt den kostenlosen Nahverkehr eingeführt. Das kostet den Staat ungefähr 41 Millionen Euro pro Jahr – für den positiven Effekt auf die Umwelt und das Image von Luxemburg ist das eine verhältnismäßig geringe Summe. Außerdem soll das erst der Anfang einer umfassenden Verkehrswende sein.


Aufgrund der Größe von Deutschland würde es hier durch einen kostenlosen ÖPNV allerdings zu Einnahmelücken von über 12 Milliarden Euro kommen, die der Staat zuschießen müsste. In Deutschland ist ein solches Konzept also eher unrealistisch.
 

Wien: 365 Euro Ticket

In München müssen Pendler*innen bis zu 700€ für ein Jahresticket bezahlen – in Wien kostet ein vergleichbares Ticket inzwischen 365€. Der geringe Preis soll mehr Menschen dazu motivieren, das Auto öfter mal stehen zu lassen und damit das Konzept funktioniert, schießt die Stadt Wien im Jahr rund eine halbe Millionen Euro dazu.

Dazu kommt, dass 96% der Wiener*innen in einem Radius von 500m eine Haltestelle für den Nahverkehr haben. An dieser Mischung aus Angebot und niedrigem Preis könnte sich Großstädte wie Berlin, Hamburg, Köln oder München auf jeden Fall ein Beispiel nehmen, um den ÖPNV attraktiver zu gestalten.

Aber natürlich läuft auch in Deutschland nicht alles schlecht und einen Artikel, wie der deutsche Bahnverkehr und der ÖPNV in Zukunft auch bei uns attraktiver gestaltet werden könnte, findest du hier.

Mexiko: Ticket gegen Kniebeugen

Leider nicht mehr ganz aktuell, aber im Jahr 2015 hatte Mexiko-Stadt eine Aktion, bei der es für 10 Kniebeugen ein U-Bahn Ticket gab. Damit sollte den Menschen zu mehr Bewegung verholfen werden, um das Übergewicht der Einwohner*innen zu bekämpfen. Immerhin gibt es in Mexiko mehr übergewichtige Menschen als in den USA.

Das Konzept wurde sich damals von Russland abgeschaut, die 2014 vor den Olympischen Spielen mit diesem – eigentlich als Werbegag gedachten – Modell für Aufmerksamkeit sorgten.


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