Bartees Strange: Live Forever

Bartees Strange: Live Forever

Der Lieblingstonträger der Woche

Von  Anna Taylor
Eine kleine Perle aus dem vergangenen Jahr: Bartees Stranges Debütalbum können wir dir einfach nicht vorenthalten.

Da müssen wir jetzt ganz schnell noch Hausaufgaben nachholen

Bartees Strange Live Forever wurde bereits im Oktober 2020 veröffentlicht, was dich aber nicht davon abhalten sollte, dir das Album noch fix zu Gemüte zu führen. Immerhin handelt es sich hier um ein konzeptionelles Werk, das alle Ansprüche an ein Debütalbum übertrifft.
Der Musiker Bartees Strange präsentiert auf Live Forever nämlich eindrucksvoll seine vielfältigen musikalischen Einflüsse und liefert ein Album ab, das sich wie eine Compilation mit Künstlern wie Bloc Party, Bon Iver, Death Grips und Bob Moses gibt. Es folgt eine Führung durch komplette Album:
  • Bartees Strange - Live Forever
    Der Lieblingstonträger der Woche

Bartees Stranges Sammlung an Kuriositäten

Bartees Strange schlägt Musikjournalist*innen ein Schnippchen, die Künstler*innen gerne mal stur in irgendwelche Genre-Schubladen packen. Auf Live Forever gibt es mit elf Songs nämlich eine Menge an Vielfältigkeit zu bewundern - kein Track gleicht dem anderen, an dieser Stelle ist es also eher weniger eine Plattitüde, wenn ich sage: Da ist bestimmt für jede*n etwas dabei. Immerhin fallen mir mindestens fünf unterschiedliche Phasen meines Lebens ein, zu denen jeweils ein anderer Song genau meine Hymne gewesen wäre.

Auch wenn ich es gerade zum Beispiel ziemlich mutig finde, mit dem ruhigen Sound von "Jealousy" als ersten Track das Album zu eröffnen, bin ich mir ziemlich sicher, dass der vor vier Jahren, in einer Zeit, in der ich circa einen Monat lang gerne Yoga gemacht habe, noch mein absoluter Lieblingstrack von Live Forever gewesen sein könnte. "Mustang", der folgende Song, wirkt dann schon wie ein Knall, ein Wachrüttler. Im Song geht es allerdings nicht etwa um Pferdchen oder Autos, sondern die Stadt Mustang, im amerikanischen Bundesstaat Oklahoma, in der Bartees Strange seine Jugend verbracht hat. Dort ist der gebürtige Engländer gelandet, nachdem er mit seiner Familie schon in Deutschland, Grönland und diversen anderen US-Staaten gelebt hat.
Bartees Strange behandelt im Song den strukturellen und internalisierten Rassismus, dem er damals in der hauptsächlich weißen Gegend ausgesetzt war. So singt er:
"I didn't let myself be seen. I held myself down so I could make people feel more comfortable around me." - Bartees Strange in "Mustang"

Sauberen Alternative Rock, der einwandfrei in den Indie-Clubs unserer Jugend hätte laufen können, liefert auch der dritte Track "Boomer". Doch dann wird es abgefahren: Der vierte Track heißt nicht nur "Kelly Rowland", er sampelt auch wie es sich gehört das "Oh" aus "Dilemma" von Kelly Rowland und Nelly. Die nächste Anspielung auf die Musik der glorreichen 00er liefert der Titel "In da Cub".
In "Stone Meadows" wiederum öffnen sich Klang- und Gefühlswelten: Bartees Strange singt auf eingängigem Rock-Bett seine Seele aus dem Leib, dass die Gänsehaut nur so rausploppt. Der Song packt dich wie stürmische Wogen.
Eine weiteres Fläggchen von Live Forever steckt definitiv auch in "Flagey God". Genre-technisch wäre das House mit Gospel-Elementen, die treibenden Drums und dröhnenden Synths versetzen uns in einen düsteren, rauchigen Club mit flackerndem Strobo. Mit "Mossblerd" wird es richtig abstrus, der Club in dem wir gerade noch waren wird ein bisschen zum Horrorkabinett - nach gerade mal 1:28 Minuten hockst du da und darfst dich schon mal fragen: "WTF?"
Der Stimmungswechsel im Anschluss trifft mit dem folkigen, verträumten "Far" hart. Bon Iver-Einfluss, bist du's? Mit "Fallen for You" wissen wir es dann ganz genau: Wir befinden uns im Teil des Albums, der als Äquivalent zum zackigen Teil am Anfang steht. Akustik-Gitarre legt sich beim Falten direkt über E-Gitarre. Was für ein Konzept! Genial.

Wie kann man so ein Album gebührend abschließen?

Ein Album das sich weigert, in herkömmliche Schubladen gestopft zu werden? Nun, mit "Ghostly" löst der Künstler die Situation fabelhaft auf - wir als Hörer*innen haben damit nicht nur eine Rundreise durch Bartees Stranges Inspirations- und Einfluss-Flow bekommen, sondern erleben auch noch einen Walter Mitty-Moment aufs Haus. Sich aufbauende, aber schließlich epische Klänge gepaart mit noch epischerem Gesang. Das Abenteuer namens Live Forever ist damit am Ende.

Wenn du also wirklich mal Lust auf ein unkonventionelles, vielfältiges Album hast: Live Forever von Bartees Strange dürfte genau dein Ding sein.





Tracklist: Bartees Strange - Live Forever

01 Jealousy
02 Mustang
03 Boomer
04 Kelly Rowland
05 In A Cab
06 Stone Meadows
07 Flagey God
08 Mossblerd
09 Far
10 Fallen For You
11 Ghostly

Live Forever von Bartees Strange wurde am 20. Oktober 2020 via Memory Music veröffentlicht.

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