Glass Animals: I Love You So F***ing Much

Glass Animals: I Love You So F***ing Much

Album der Woche

Von  Anna Taylor
Glass Animals nehmen uns mit ihrem vierten Album mit auf eine musikalische Weltraum-Odyssee, die tief in menschliche Geschichten und persönliche Reflexionen eintaucht.

Eine Weltraum-Odyssee mit den Glass Animals

Nach dem wahnsinnigen Erfolg ihres letzten Albums Dreamland, das etliche Charts mit dem – besonders dank TikTok – viralen Hit "Heat Waves" anführte, verfolgt die Band aus Oxford den Pfad ihrer vom Vorgänger angeschlagenen musikalischen Odyssee – jedoch mit einer klaren Entwicklung hin zu einer introspektiven und experimentelleren Klangwelt.

Wie weitermachen, wenn man alles erreicht hat?

Wir müssen vielleicht nochmal ein bisschen näher darauf eingehen, WIE erfolgreich Glass Animals konkret mit ihrem Vorgänger waren. Während Dreamland an sich 12 Millionenmal verkauft wurde, wurde "Heat Waves" mehrere Milliardenmal gestreamt. Dadurch lieferten die Glass Animals als britische Band den größten internationalen Hit der letzten 30 Jahre ab. Seit Pharell Williams' "Happy" (2013) hat es kein Song mehr auf die #01 geschafft, der von einem*einer einzigen Autor*in und Produzent*in erschaffen wurde. Frontmann Dave Baley landete dadurch auf dem Radar vieler renommierter Acts, mitunter Florence Welch

Dann muss man doch einfach nur froh sein, als Künstler*in – oder? Naja, alternativ kann man auch einfach in ein tiefes Loch fallen und erstmal mit einer Schaffenskrise kämpfen. So ist es zumindest Dave Bayley nach dem ganzen Erfolg gegangen. Der neue Erfolg habe erstmal so absolut keinen Sinn für ihn gemacht. 

"Life can change dramatically, but sometimes you aren't able to change as quickly on a personal level. You end up feeling like a spectator. And then you are asked and expected to be a certain type of person, a different person. But…I wasn’t sure how. It confused me to the point of not knowing who I was or if anything was real." - Dave Bayley

Die Antwort für den Musiker: Isolation. 

Den Blick nach innen gerichtet. Und dann ganz, ganz weit nach außen, aufs große Ganze. Erst mit einem Blick auf die Menschheit in ihrer Gesamtheit. Dann den Point of View noch weiter versetzt: Was bedeutet eigentlich überhaupt irgendwas, wenn man uns und unsere Struggles von außerhalb der Galaxie betrachtet?

Inspiration aus den Sternen

Für I Love You So F***ing Much fand Dave Bayley seine Inspiration im Nachthimmel und den Sternen. Plötzlich war der Wunsch geboren, auch mal ein Weltraum zu schreiben. Ein erster Teaser fürs neue Album fand sich dann auf der Webseite. Dort prangte die Nachricht: "Panic. Answer the question please" – eine Anspielung auf Per Anhalter durch die Galaxis von Douglas Adams. Fans sollten Fragen einreichen zu Themen wie Existenz und Lebenssinn (wobei wir ja die Antwort auf die endgültige Frage nach dem Leben, dem Universum und dem ganzen Rest eh kennen: 42!).

Am Ende kamen über 15.000 Fragen zusammen. Die Antworten darauf können wir uns nun in den zehn neuen Songs von I Love You So F***ing Much zusammensuchen, wobei der Titel schon mehr oder weniger die Antwort auf den Großteil menschlicher Existenzfragen ist.

Während das zweite Album der Glass Animals, das Konzeptalbum How to Be a Human Being, eine Welt erschaffen hat rund um fiktive Charaktere und Dreamland ein nostalgischer, persönlicher Rückblick auf die Kindheit von Frontmann Dave Bayley war, gespickt mit Referenzen aus den 90er-Jahren wie Capri Sonne und Videospielen wie Pokémon und Street Fighter, ist I Love You So F***ing Much nun ein Werk gefüllt mit unser aller persönlichsten Geschichten.

So vielfältig, so persönlich

Das Album präsentiert so also zehn chaotische Liebesporträts, die mit dem üppigen Soundrepertoire der Glass Animals untermalt wurden. I Love You So F***ing Much strotzt nur so von musikalischer Vielfalt und persönlichen Geschichten.

Die Produktion bleibt dabei ihrem charakteristischen Stil treu: euphorische Melodien gepaart mit melancholischen Texten. Dabei erinnert I Love You So F***ing Much an das vorherige Album Dreamland, besonders bei Stücken wie "White Roses", die Parallelen zum Welthit "Heat Waves" aufweisen. Auch "Creatures in Heaven" kann man als Weiterführung von "Heat Waves" betrachten, in der das Thema Kryptonit-Menschen aufgegriffen wird – Menschen, von denen man auch Jahre nach der Beziehung einfach nicht loskommt.

I don't think I realize
Just how much I miss you sometimes
We were young and so in love
We were just creatures in heaven

- Aus "Creatures in Heaven"

Dave Baley hat es geschafft, etliche Gedankenströme von tausenden von Menschen auf den Punkt zu bringen, was die Texte auf I Love You So F***ing so wahnsinnig relatable machen. So meistern Glass Animals den Balanceakt zwischen dem Erfolg von Dreamland und einer neuen, introspektiven Offenheit.

Auch wenn böse Zungen etwas anderes behaupten mögen (nämlich, dass sich Glass Animals auf dem Erfolg des Vorgängers ausruhen): Mit I Love You So F***ing Much präsentieren sie ein Album, das sowohl experimentell als auch emotional tiefgründig ist und damit durchaus einen neuen Abschnitt in ihrer musikalischen Entwicklung markiert. 

Die Gesamtidee des Albums sorgt überhaupt mal wieder für einen klassischen Glass Animals-Moment: Wie soll man dem Thema in ein paar Hundert Wörtern gerecht werden? You can't. Deswegen hör's dir selber an!



Tracklist: Glass Animals: I Love You So F***ing Much

  1. Show Pony
  2. Whatthehellishappening?
  3. Creatures in Heaven
  4. Wonderful Nothing
  5. A Tear in Space (Airlock)
  6. I Can't Make You Fall in Love Again
  7. How I Learned to Love the Bomb
  8. White Roses
  9. On the Run
  10. Lost in the Ocean"

I Love You So F***ing Much von Glass Animals wurde am 19. Juli 2024 via Universal Music veröffentlicht.

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