Musik für den Sonnenuntergang, den Sonnenaufgang und eigentlich auch alles dazwischen.
Wenn die Sonne aufgeht, ist es Zeit, den Tag zu beginnen
- Es sei denn, man sitzt grade im Zug nachhause und schüttelt sich die Strapazen von der Clubnacht aus den Gliedern. Mit den ersten Sonnenstrahlen beginnt dann wie gewohnt diese merkwürdige Stimmung, wenn sämtliches Restserotonin langsam das System verlässt und die Müdigkeit kompromisslos den Arm um die müde Seele legt. Zu müde, um noch euphorisch zu sein, aber auch zu kaputt, um sich ernsthafte Sorgen zu machen - fertig ist der emotionale Limbo. In solchen Momenten ist es natürlich wichtig, den richtigen Klang im Ohr zu haben.Und genau für dieses morgendliche Gefühlschaos gibt es jetzt die perfekte Begleitmusik - das Debütalbum von Overmono.
Längste Aufwärmphase
Bei einem Debütalbum erwartet man wahrscheinlich blutjunge, unerfahrene Künstler*innen, die endlich ihren Fußabdruck in der Musikwelt hinterlassen wollen. Overmono sind da schon ein paar Fußabdrücke weiter: Die Brüder aus Wales haben schon das ganze letzte Jahrzehnt die Tanzflächen gefüllt. Erst getrennt voneinander, dann aber haben sie ihre Skills zusammengelegt und Overmono ins Leben gebracht. Ungefähr acht Jahre nach der offiziellen Gründung kommt mit Good Lies jetzt das Debütalbum - überstürzt wurde hier also wirklich gar nichts.Wenn man Good Lies hört, dauert es aber auch nicht lange bis man den Perfektionismus raushört. Klangtüftler klingt für die Brüder fast schon nach einer Untertreibung. Das grenzt hier fast schon an Wissenschaft: Meistens schnappen sich Overmono einen Gesangsschnipsel, der dann so stark durchs Effektgerät gepresst wird bis man den menschlichen Ursprung kaum noch erkennt. Was darum herum passiert, wechselt gerne mal je nach Stimmung der Brüder. Wummernde Bassgrooves, manchmal fast schon Ambientähnliche Flächen, mal geradlinige Drums, mal komplett verkopft. Die Gebrüder feuern aus allen Klangrohren.
Klar hört man Einflüsse vom UK Techno oder Breakbeat raus, aber Overmono halten ausreichend Sicherheitsabstand zu jeder Genreschublade. Am Ende kommt eine vielseitige und kreative Liebeserklärung zur britischen Ravekultur heraus.
Neben Perfektionismus hört man bei Overmono aber auch ein absolutes Talent für unwiderstehlichen Pop raus. Songs wie "So U Kno" waren sowieso schon britische Festivalsommerhymnen und mit "Is U" übertrumpfen die Brüder ihren Hit wahrscheinlich sogar noch. Aber statt jetzt den bekannten Weg auf die großen Bühnen der Elektrofestivals einzuschlagen, belassen es Overmono dann eben doch bei ein paar vielsagenden Andeutungen. Auf jede große Hymne folgt ein Song wie "Sugarushhh", der irgendwie Acidsynthies mit meditativen Klängen in den Mixer schmeißt.
Obwohl sie es offensichtlich locker könnten, liefern Overmono eben keine geradlinigen Dancefloorbretter - sie versinken lieber in ihren ganz eigenen Klangwelten und schaffen eigene Ecke.
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