Die zwei Virtuosen der Wiener Electro-Szene haben in den 90ern ganz schön aufgedreht - jetzt lassen sie wieder von sich hören!
Selbstüberzeugt von sich wie eh und je, mit kleinem Augenzwinkern. Weißt eh, man möchte seinen Fans noch immer was bieten können. Und sie haben es schon gern gehört, immer wieder nach einem neuen Album gefragt zu werden. Ist klar, denn die Remixes, die Kruder und Dorfmeister in den 90ern produziert haben, sind quasi legendär.
Warum sie sich so lange Zeit gelassen haben, Strauss' Walzer bahnbrechend war und nach wie vor Wien die beste Stadt für aufstrebende Künstler*innen ist? Das haben sie Dominik und Lola im Interview erzählt:
Kruder & Dorfmeister im Gespräch
Das Interview zum Nachhören
Die Musikkenner
Seit gut einem Monat ist ihre neue Single "Johnson" draußen, das mythische Lost Album mit dem Titel 1995 soll Ende Oktober erscheinen. Die Wiener Peter Kruder und Richard Dorfmeister haben sich damit ordentlich Zeit gelassen. Immerhin ist ihr letztes Werk K&D Sessions, für das sie viel Ruhm einheimsten, bereits 22 Jahre alt. Wobei das in K&D-Jahren umgerechnet wahrscheinlich gar nicht mal so viel ist:
"Über das Phänomen der Langsamkeit haben wir schon öfter konferiert und dass es eine normale Zeit gibt und eine K&D-Zeit. Da gelten andere Maßstäbe. Ansonsten sind wir jetzt feeling-mäßig nicht so verändert. Von dem, wie wir Musik sehen. Das hat damit zu tun, mit dem Jahrzehnte langen Plattensammeln und sich Auskennen mit Biografien. Und einfach Musikfan sein. Ein bisschen sind wir noch immer so wie damals." - Dorfmeister
Ja? Ist dem so? Hören wir einmal rein:
Ja! Doch! Da ist besagtes Feeling. Und nicht nur als Zuhörer*in fühlt man sich etwas in die 90er zurück gebeamt. Auch Kruder und Dorfmeister erging es beim Durchstöbern ihrer alten Tapes auf der Suche nach Inspiration so:
"Wie wir dann da gesessen sind voriges Jahr und es gehört haben, waren wir sofort in diese Zeit zurück transportiert. In diese Zeit, wo wir außer Musik machen keine Verpflichtungen hatten." - Kruder
Das Wien der 90er
Damals, das war 1993, als sie die EP G-Stoned rausbrachten. Da galt Wien als Metropole der aufstrebenden Techno-Szene, die K&D damals gekonnt ignorierten. Sie folgten lieber "der Tradition der kontinentalen kosmischen Tanzfläche der 80er". G-Stoned reicht gar bis in die 60er und 70er zurück und wird eine wilde Mischung aus Afro-Jazz und Pink Floyd.
"Das war damals ein Medienphänomen. Wir haben haben mehr oder weniger in Eigenaufbau alles konstruiert. Das Label selber gemacht, Vertrieb gecheckt. (...) Bis zu einem Zeitpunkt, an dem es so explodiert ist, dass wir ein Management gebraucht haben. Und es medial verkauft wurde, als gebe es ein großes Wiener Electronic-Movement." - Dorfmeister
27 Jahre ist das jetzt her und man muss sagen: Das Material hat sich prima gehalten. Die guten alten Kassetten haben die Sounds bis heute gut archiviert. Ein Plädoyer an die digitalen Tapes:
"Es war damals auch die einzige Möglichkeit für uns, das aufzunehmen auf DAT – das war die günstigste Variante. Weil man muss sich vorstellen: Das war ein Bedroom Studio mit relativ simplem Equipment und wir haben eigentlich ein großes Studio mit dem simuliert. Und deswegen waren die Backups und Datenbackups auch alle auf DAT, auf einem kleinen Sony Walkman." - Dorfmeister
Walzer und Drum & Bass
So sah es also im Wien der 90er aus, wenn zwei DJs produzieren. Heute wäre das nicht mehr denkbar, den Fans hat's aber getaugt. Das soll auch so bleiben und K&D wollen noch eins drauf setzen. Sie suchen für ihre Auftritte immer andere Locations raus, um stets etwas Neues bieten zu können.
Reihen sich K&D also bei den ganz großen ein? Gleich nach Falco? Lediglich Johann Strauss mit dem Walzer ist schwer zu schlagen:
"Das war wirklich ein Superstar. Der Walzer war wie Drum & Bass, das war so neu und so toll. Jemand hat dem Strauss wirklich eine Tour in Amerika organisiert und er ist dann drauf gekommen, dass das mit dem 'Normalorchester' nicht laut genug ist. Er hatte mehrere Orchester und hat es tatsächlich geschafft, diese Orchester zu synchronisieren." - Dorfmeister
Wien mit seinem unverwechselbaren Charme und dem Gespür für Musik.
Heimat der großartiger Künstler*innen - damals wie heute. Woran liegt das eigentlich?
"Das Großartige an Wien ist, dass Künstler*innen sich still und heimlich entfalten können über eine Zeit, ohne dem Hype der Stadt ausgesetzt zu sein – so wie Berlin, London oder so. Deswegen kann immer so etwas Gutes, Eigenständiges über die Jahre entstehen, ohne dass es komplett zerpflückt wird vom ersten Moment an." - Kruder
Ohne Hype, still und heimlich. Klingt gut. Ob auch etwas Gutes beim neuen Album raus gekommen ist? Wahrscheinlich schon, ist eh klar.
Artikel teilen: