Persönlichkeiten aus Kreuzberg und Neukölln

Persönlichkeiten aus Kreuzberg und Neukölln

Berliner*innen, die du kennen musst

Von  Simon Kerber
Warum Kurt Krömer inoffizieller Botschafter Neuköllns ist und was die Beatsteaks Kreuzberg zu verdanken haben, erfährst du hier.


Beatsteaks: Von Kreuzberg in die Charts

"KREUZBERG KREUZBERG!" So endet der Beatsteaks Song "Cut off the Top". Mit dem Stadtteil, in dem für die Band vielleicht nicht alles, aber die Erfolgsgeschichte beginnt. Berliner sind sie alle - die Gründungsmitglieder um Sänger Arnim Teutoburg-Weiß. 1995 besuchen sie noch die Berliner Oberschulen der frisch gekürten deutschen Hauptstadt. Schon ein Jahr später, 1996, gewinnen sie den Contest "Battle of the Bands" - und zwar im legendären Kreuzberger Club SO36. Der Gewinn ist nicht weniger als Support Gig bei den legendären Sex Pistols - es ist gleichzeitig überhaupt erst der zehnte gemeinsame Auftritt.

Wenig später folgt das erste Album und 2003 kommt wieder eine andere Band ins Spiel: Die Ärzte.

"Kannst du bei den Beatsteaks ruhig sitzen bleiben, wenn dir doch Schlagersänger Tränen in die Augen treiben?", fragen die Ärzte in ihrem Song "Unrockbar" - ob ein direkter Zusammenhang besteht, lässt sich nicht klären. Aber im Jahr 2004 veröffentlichen die Beatsteaks ihr bisher erfolgreichstes Album mit dem Titel Smack Smash und dem Hit "Hello Joe." Nach einigen etwas ruhigeren Jahren meldet sich die Band 2024 wieder zurück - mit neuem Album und Tournee - heute in etwas größeren Hallen als dem SO36 in Berlin-Kreuzberg.

 

Antonio Rüdiger: Vom Käfig zum Campeón

VfB Sperber Neukölln, Tasmania Gropiusstadt, Neuköllner Sportfreunde 1907 - so heißen die Vereine, in denen ein kleiner Junge und Sohn einer Geflüchteten aus Sierra Leone das Fußballspielen lernt. Später lesen sich seine Stationen ähnlich international wie sein Berliner Heimatbezirk: AS Rom, FC Chelsea, Real Madrid. Antonio Rüdiger hat sich den Traum vieler Kinder erfüllt: vom kleinen Verein in die große weite Fußballwelt. Und trotzdem hat er immer ein bisschen Neukölln im Herzen.

Heute gilt Rüdiger für viele als bester deutscher Verteidiger, man hätte es ahnen können.

Von der U-18 bis zur U-21 durchlief er die Jugendnationalmannschaften des DFB, im Jahr 2012 wurde er als bester Nachwuchsspieler ausgezeichnet.
Für manche eignet er sich als Schwarzer deutscher Muslim aber leider auch als Feindbild. Im März 2024 stellt Rüdiger Anzeige gegen Julian Reichelt, den Ex-Chefredakteur der Bild, wegen Verleumdung und Beleidigung.
Aber zurück zum Sport: Auf Vereinsebene hat Rüdiger schon so gut wie alles gewonnen - was ihm noch fehlt, ist ein Titel mit der Nationalmannschaft. Aber auch das könnte sich mit seiner Hilfe in diesem Sommer ändern…
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    Vom Käfig zum Campeón
  • Kurt Krömer
    Neuköllns inoffizieller Botschafter
  • Inge Meysel
    Die Mutter der Nation
  • Ton Steine Scherben
    Macht kaputt, was euch kaputt macht


Kurt Krömer: Neuköllns inoffizieller Botschafter

Der Hermannplatz ist sozusagen sein Zuhause: Alexander Bojcan wurde 1974 nämlich in Neukölln geboren. Damals war noch nicht absehbar, dass er später als Kurt Krömer einiges für den Ruf des Bezirks tun würde. Seiner Kunstfigur mit echter Berliner Schnauze sieht man auch ein bisschen die Geschichte seines Darstellers an: Die Anzüge - gern auch mal extravagant kombiniert - sind neben seinen Sprüchen das Markenzeichen. Seine Expertise hat Alexander Bojcan alias Krömer aus seiner Ausbildung zum Herrenausstatter, die er aber nicht beendete. Nach dem frühzeitigen Ende dieser Ausbildung folgten Jobs in Reinigungsfirmen und auf dem Bau.

Der erste Auftritt unter dem Pseudonym Kurt Krömer - übrigens der ehemalige Deutschlehrer Bojcans - folgte 1992 in einer Berliner Bar.

2004 folgte die erste eigene Fernsehsendung im rbb und es ging steil nach oben. ARD-Show, Deutscher Fernsehpreis, Grimmepreis. Trotz allem legt Bojcan Wert auf seine Wurzeln: Im Neuköllner Körnerkiez unterstützt er mehrere soziale Projekte, außerdem setzt sich für das Lesen- und Schreibenlernen ein. Außerdem macht er unter anderem mit einem Buch über seine eigene Geschichte auf das Thema Depression aufmerksam. Trotz allem ist er immer er selbst beziehungsweise Kurt Krömer geblieben.



Inge Meysel: Die Mutter der Nation

1910 war Neukölln noch eine eigene Stadt, gehörte nicht zu Berlin - und hieß sogar noch anders, nämlich Rixdorf. Dort wurde am 30. Mai Inge Meysel geboren. Schon im Alter von drei Jahren stand sie das erste Mal auf einer Bühne - als Engel in der Oper Hänsel & Gretel. Fast folgerichtig schmiss sie mit 17 die Schule, um Schauspielerin zu werden. Mit 20 kam das Debüt am Theater in Zwickau. Der Anfang einer großen Schauspielkarriere. Allerdings nicht ohne Probleme - zwischen 1933 und 1945 bekam Meysel Auftrittsverbot von den Nazis, ihr Vater war Jude. Nach Ende des Krieges hatte sie einiges aufzuholen - oft in der Rolle der durchsetzungsstarken Hausfrau. Später dann auch in über 100 Fernsehrollen, egal ob als Mörderin oder Putzfrau. Woher ihr Spitzname "Die Mutter der Nation" kommt, ist nicht ganz klar. Klar ist aber: Inge Meysel ist für viele ein Vorbild gewesen - auch weil sie keiner Kontroverse aus dem Weg ging. Oder wie sie selbst sagte:

"Ich bin eine immer sehr gerade und nicht sehr diplomatische Person gewesen und infolgedessen hat man mich gern gemocht, aber geliebt haben mich nur meine Liebhaber." - Inge Meysel

Über die Jahre ihrer Karriere häuften sich die Preise: Bambis, Fernsehpreise oder Goldene Kamera.

Nur eine Auszeichnung wollte sie nicht haben: Das Bundesverdienstkreuz. Das lehnte sie mit Begründung ab, sie möchte keine Auszeichnung, dafür dass man anständig gelebt hat. Ihre letzte Rolle spielte sie 2004 im Polizeiruf mit dem passenden Titel "Mein letzter Wille". Inge Meysel wusste eben immer, was sie wollte.



Ton Steine Scherben: Macht kaputt, was euch kaputt macht

Ob vom Entdecker der Ruinen Trojas abgeleitet oder doch angelehnt an eine Industriegewerkschaft - der Name steht heute für sich: Ton Steine Scherben. Obwohl die Band erst 1970 gegründet wurde, gilt sie mit als Symbol der 68er-Bewegung. Wer aber in Songtexten den Sturz der Regierung und ähnliche Forderungen stellt - und das im Gegensatz zu vielen anderen auf deutsch - der hat Schwierigkeiten einen Plattenvertrag zu bekommen. Sänger Rio Reiser und seine Mitstreiter interessiert das wenig. Im Sommer 1970 nehmen sie in einem Kreuzberger Hinterhof ihre erste Single auf. Die Titel: "Wir streiken" und "Macht kaputt, was euch kaputt macht".

 

Auch ein Jahr später, die Aufnahme des ersten Albums steht an, gibt es für die Band noch keinen Plattenvertrag.

Kurzerhand gründet die Band mit "David Volksmund Produktion" ihr eigenes Label - und wird auch später nie woanders veröffentlichen. Im 1971 ist auch wieder Kreuzberg der Schicksalsort für Ton Steine Scherben. Nach einem Konzert in der Mensa der Berliner Technischen Universität besetzen Zuschauer'innen und Band ein Teil des leerstehenden Bethanien-Krankenhauses in Kreuzberg. Das Haus wird im Gedenken an einen vier Tage vorher im Straßenkampf von Polizisten erschossenen Studenten, Georg-Von-Rauch-Haus benannt. Der Ursprung des "Rauch-Haus-Songs" Der Plattenname des Klassikers Keine Macht für niemand wird zum Schlachtruf der Studentenrevolten. Wie keine andere Band in dieser Zeit steht Ton Steine Scherben für Revolution & Anti-Kapitalismus. Auch wenn der Satz eigentlich gar nicht von Bandleader Rio Reiser ist, sondern aus einer Zeitschrift…

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